Multi Asset Fonds: Bellevue-Fondsmanager Lucio Soso über aktuelle Krisenszenarien

teaser_logo_multi-asset-fonds_300_200Jährlich zwischen fünf und sieben Prozent Rendite sind das Ziel des BB Global Macro Fonds von Bellevue Asset Management. Um es zu erreichen, formuliert Fondsmanager Lucio Soso monatlich neue Wahrscheinlichkeiten für Kapitalmarkt-Szenarien. Welche das aktuell sind, verrät er im Interview.

multiasset.com: Herr Soso, der Mischfonds BB Global Macro hat Anlegern in den letzten drei Jahren annualisiert mehr als 5 Prozent Rendite eingebracht. Wie schaffen Sie das?

Lucio Soso: Unser Erfolgsrezept lautet 25 Prozent Aktien und 75 Prozent Anleihen. Beide Anlageklassen sind sehr liquide und geben uns die Möglichkeit, schnell umzuschichten. Im Anleihen-Bereich kaufen wir nicht wie viele andere Mischfonds-Manager schwerpunktmäßig Unternehmensanleihen, sondern Staatsanleihen. Ein Anteil von fast 90 Prozent unseres Portfolios besteht daraus. Deutsche und US-amerikanische Papiere spielen eine besonders wichtige Rolle.

Warum?

Soso: Wir investieren aus Risikogründen in die Papiere – Deutschland und die USA sind einfach im Vergleich zu vielen Unternehmen sichere Schuldner. Außerdem korrelieren deutsche und amerikanische Papiere stark negativ mit Aktien. Wir können damit unser Portfolio stabilisieren – und zwar besser als mit anderen Staatsanleihen. Wenn es an den Börsen mal kriselt, bewahren uns die Rentenpapiere vor einem schmerzhaften Absturz.

Deutsche und amerikanische Staatsanleihen waren aber in letzter Zeit nicht das Gelbe vom Ei.

Soso: Stimmt. Wir haben mit einem Hebel aber einen Weg aus dem Renditetief gefunden. Mit dem sogenannten „Roll-Down-The-Yield-Curve-Effekt“ oder Zeiteffekt schlagen wir Gewinne aus Staatsanleihen. Das funktioniert so: Nach dem Kauf einer Anleihe verringert sich die Restlaufzeit konstant, gleichzeitig sinkt die Abzinsung und die Anleihen steigen im Wert. Zu dem Zeitpunkt verkaufen wir sie.

Sprechen wir kurz über Ihr Aktienportfolio. Wie gehen Sie hier vor?

Soso: Wir setzen weniger auf Einzeltitel sondern vielmehr auf Indizes zwecks Diversifikation. Wir investieren 90 Prozent des Aktienportfolios in liquide Aktien-Indizes.

Welche Branchen bevorzugen Sie?

Soso: Wir fokussieren uns auf Healthcare, Biotech, Rohstoffe und Banken.

Sie wählen die Anlagen für den BB Global Macro anhand bestimmter Investment-Szenarien aus. Wie funktioniert das?

Soso: Monatlich analysieren wir etwa 100 Indikatoren. Dann entwerfen wir drei Szenarien. Vor einigen Jahren haben wir es dabei nicht belassen, sondern noch viel mehr Szenarien aufgebaut. Dabei verliert man leicht den Überblick. Letztlich geht es ja nicht darum, die Zukunft vorherzusagen, sondern Marktmechanismen zu verstehen. Also haben wir die Zahl der Szenarien reduziert. Wir suchen nach Investment-Ideen, die uns in möglichst vielen Marktsituationen helfen und die Verluste im Krisenfall begrenzen.

Wie schnell ändern sich die Szenarien?

Soso: Nicht besonders häufig. Jedem Szenario wird eine Wahrscheinlichkeit zugewiesen. Diese Wahrscheinlichkeit ändert sich ungefähr einmal pro Monat. Die Szenarien ändern sich im Schnitt einmal pro Jahr. Zwei unserer aktuellen Szenarien haben wir schon seit mehr als 12 Monaten.

Wie sehen Ihre Szenarien im Moment konkret aus?

Soso: Vor dem Hintergrund des US-Wahlergebnisses steht die US-Politik vor einem Paradigmenwechsel: Weg vom Quantititiave Easing hin zu fiskalpolitischen Massnahmen. In unserem ersten Szenario mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 45 Prozent erwarten wir eine Stabilisierung der Anleihenkurse, jedoch keine deutliche Erholung von den erlittenen Kursverlusten. Ein derartigens Szenario wäre vorteilhaft für Aktien und Anleihen. Unser zweites Szenario mit einer Wahrscheinlichkeit von 35 Prozent geht von weiterhin fallenden US-Staatsanleihen aus, wobei die Rendite 10-jähirger US-Treasuries die 3-Prozent-Marke übertreffen wird. US-Aktien sind teuer bewertet und es wird einen Triggerpunkt geben, ab dem die Renditen von Staatsanleihen wieder attraktiv werden und eine Korrektur der Aktienmärkte auslösen.

Und Ihr Negativ-Szenario?

Soso: Dies hat auch eine Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent und geht von einem globalen Wachstumsschock aus, der durch eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China und einer deutlichen Abwertung des Renminbi ausgelöst wird. Der Schuldenberg chinesischer Unternehmen wird ständig größer. Innerhalb der vergangenen acht Jahre hat er sich vervierfacht. Der schnellste Weg aus einer Kreditblase ist eine Abwertung der Währung. Die chinesische Regierung wird den Renminbi in diesem Szenario um bis zu 30 Prozent abwerten. Dadurch könnte die ganze Welt in eine Rezession rutschen.

Und Sie sehen sich dafür gerüstet.

Soso: Ja, durch eine Short-Position auf den chinesischen Renminbi schützen wir unsere Anleger.

Lucio Soso, 1965 in Padua geboren, studierte zunächst Elektrotechnik in Zürich und Nuklearphysik in Tokio. Parallel zu seiner ersten beruflichen Station in der institutionellen Vermögensverwaltung von Pictet & Cie studierte er von 1992 bis 1995 Finanzwissenschaften an der London Business School. Soso ist seit 2010 im Bellevue Asset Management tätig und betreut dort seit der Auflegung den Bellevue BB Global Macro.

Siehe auch

e-fundresearch: Deutschland: Wege aus dem Stillstand

Im besten Fall sollte das deutsche Wirtschaftswachstum 2024 konstant geblieben sein. Die aktuellen Konsensprognosen gehen von einem Anstieg um 0,6% im Jahr 2025 aus. Dies ist zwar eine Verbesserung, bleibt aber enttäuschend schwach. Kürzlich hat die Bundesbank ihre Prognosen drastisch nach unten korrigiert und rechnet nun für 2025 mit einem Wachstum von nur noch 0,2% …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert