SJB | Korschenbroich, 28.02.2014. „Teflon Thailand“ – das ist der Spitzname Thailands für seine Widerstandskraft gegen Probleme. Die aktuellen politischen Unsicherheiten spiegelten sich in den letzten Monaten im Investitionsklima wider. Doch oft genug hat sich gezeigt: Thailands Wirtschaft kann sich wieder erholen.
In der Geschichte Thailands gab es immer wieder Perioden politischer Instabilität, die Investoren mitunter Anlass zur Sorge gaben.
Die gewalttätigen Demonstrationen der thailändischen, traditionell in Bangkok ansässigen Elite haben die Befürchtungen um die Stabilität der Regierung der populistischen Premierministerin Yingluck Shinawatra erhöht. Die Politikerin bezieht ihre Unterstützung aus dem ärmlichen und eher ländlichen Norden und Osten des Landes.
Trotz der politischen Unruhen haben wir keinesfalls unser Vertrauen in Thailand verloren. Wir glauben, dass sich die Wirtschaft wieder erholen wird. So, wie es bislang immer wieder nach solchen widrigen Umständen der Fall war. Thailand wurde aufgrund seiner Widerstandskraft angesichts vergangener Ereignisse und Probleme bereits mit dem Spitznamen „Teflon Thailand“ bedacht.
Ich kann nicht mit Sicherheit vorhersagen, wie sich Thailands politische Lage letztendlich entwickeln wird. Aber ich bin davon überzeugt, dass es einige Änderungen geben wird und die thailändische Wirtschaft grundsätzlich auf dem Wachstumspfad bleibt.
Unabhängig von dem makroökonomischen und politischen Klima verfolgen wir eine Bottom-up-Strategie und wir werden dort weiter nach Investitionsmöglichkeiten suchen, wo Potenzial auf der individuellen Unternehmensebene zu sehen ist.
Wird Thailands Regierung stürzen?
In den vergangenen Monaten haben Demonstranten versucht, die Regierung zu stürzen. Das hat ein Abrutschen des thailändischen Baht und der Börse verursacht, die 2013 im Minus schloss und seit Jahresanfang bis in den Februar beinahe auf gleichem Stand verharrte.
Im Dezember waren mein Team und ich in Bangkok. Wir waren überrascht, wie wenig das Geschäftsleben und die belebten Einkaufszentren von den politischen Unruhen beeinträchtigt waren. Auch die wichtigsten Touristengegenden blieben weitgehend unberührt.
Unser Besuch fand kurz vor König Bhumibol Adulyadejs 86. Geburtstag statt. Es kann also sein, dass die Demonstrationen aus Respekt vor dem König ausgesetzt wurden, der ein hohes Ansehen genießt.
Momentan wird befürchtet, dass die fortwährenden Demonstrationen beginnen, das Geschäftsleben und die Infrastrukturprojekte zu beeinflussen; und besonders die wichtige Tourismusindustrie, die 9 Prozent der thailändischen Wirtschaft ausmacht. Es gibt bereits Hinweise auf Stornierungen von Touristen wegen der Unruhen.
Wie schon in der Vergangenheit könnten sich die Auswirkungen der Unruhen auf den Tourismus auch diesmal als vergleichsweise kurzfristig erweisen. Als Thaksin Shinawatra – der Bruder von Frau Yingluck Shinawatra – 2006 durch einen Militärputsch abgesetzt wurde, gab es kaum Konsequenzen für den Tourismus. 2013 konnte Thailand eine Rekordzahl von Besuchern begrüßen.
Pragmatischer Nationalcharakter wird Oberhand zurückgewinnen
Auch wenn sich die Proteste auswirken sollten – insgesamt sieht es doch nicht so düster aus: Der Global Destination Cities Index von Master Card führt Bangkok 2013 mit fast 16 Millionen internationalen Besuchern als die am häufigsten besuchte Stadt.
Klar, sollte es zu weiteren Gewalttätigkeiten kommen, dürften die Einflüsse ohne Frage in diesem Jahr zu spüren sein. Und dennoch: Unsere Erfahrung nach, mit den vielen politischen Veränderungen und Unruhen in den vergangenen Jahren, wird der pragmatische thailändische Nationalcharakter wieder die Oberhand gewinnen und nach Beendigung der Unruhen wie gewohnt zum „Business as usual“ zurückkehren.
Der thailändische Aktienmarkt kann volatil sein (so wie alle Märkte), aber er hat sich während der vergangenen Irrungen und Wirrungen als widerstandsfähig erwiesen. Während sich die kurzfristige Volatilität wahrscheinlich je nach Nachrichtenlage fortsetzen wird, glauben wir, dass Thailand schließlich einen Weg aus der jüngsten Krise finden wird.
Glücklicherweise haben die gegen den erheblichen Widerstand des „Demokratischen Reformkommitee des Volkes” (das viele Proteste gegen die Regierung angeführt hatte) abgehaltenen Wahlen Anfang Februar nicht zu einem Anstieg der Gewalt geführt. In einigen Gegenden kam es jedoch zu Unterbrechungen bei den Wahlen und es könnte mehrere Monate dauern, diese Wahlen zu beenden und freie Sitze im Parlament zu besetzen.
Unglücklicherweise haben sich die Proteste bis Mitte Februar fortgesetzt, zuletzt durch aufgebrachte Reisbauern. Die Regierung konnte den Reis, der im Rahmen eines Subventionsprogramms angekauft wurde, nicht bezahlen. Das Subventionsprogramm – eines der Markenzeichen von Shinawatras Politik – droht, das Budget zu gefährden.
Gründe für Optimismus
Die Lage in Thailand strapaziert sicherlich die Nerven der Anleger. Aber wir sehen dennoch eine Reihe von Faktoren, die langfristige Investmentaussichten begünstigen.
Politische Instabilität ist seit vielen Jahren ein Dauerzustand in Thailand, aber sie hat das beneidenswerte Wirtschaftswachstum nicht verhindert. Zwischen den Jahren 2000 und 2012 legte Thailands Bruttoinlandsprodukt jährlich im Schnitt um 4,2 Prozent zu, das Pro-Kopf-Einkommen stieg um 3,3 Prozent – trotz des verheerenden Tsunamis im Jahr 2004 und den heftigen Überflutungen 2011. Ende 2012 betrug Thailands Arbeitslosenrate weniger als 1 Prozent.
Unserer Meinung nach können mehrere Gründe weiterhin für hohe Wachstumsdynamik sorgen: Thailand ist ein wichtiger Outsourcing-Standort für japanische Unternehmen, vor allem für Automobilhersteller. Zeigen die Anstrengungen des japanischen Ministerpräsidenten Abe, Japans Wirtschaft zu beleben, erste Erfolge, dürfte das auch verstärkte Auftragseingänge in Thailand nach sich ziehen.
In Südostasien ist die Einkaufskraft der Mittelschicht generell gestiegen
Thailands Wachstum fiel in der Vergangenheit zwar stark aus, gleichwohl war der Zuwachs ungleich verteilt. In Bangkok und im näheren Umland fielen die Einkommenssteigerungen deutlich höher aus als in anderen Landesteilen. Die jüngsten Maßnahmen der Regierung zielten darauf ab, die Einkommen im Norden des Landes zu erhöhen und die dortige Entwicklung voranzutreiben.
Wir glauben, dass dieser Prozess die Konsumnachfrage wesentlich beleben und sich auch auf den bereits starken Exportsektor auswirken wird. In Südostasien ist die Einkaufskraft der Mittelschicht generell gestiegen.
Thailands Nachbarn – Kambodscha, Laos, Vietnam und seit kurzem Myanmar – verstärken ihre marktwirtschaftlichen Anstrengungen und suchen außerhalb nach Wirtschaftswachstum. Diese Entwicklungen können die sich durch die Engpässe bei Arbeitskraft und natürlichen Ressourcen ergebenden Hemmnisse für das thailändische Wachstum lindern.
Zudem könnten die von China ausgehenden Bestrebungen, die regionalen Eisenbahnverbindungen zu verbessern, auch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Thailand und seinen Nachbarstaaten, aber auch innerhalb des Landes intensivieren.
Infrastrukturvorhaben, Hochgeschwindigkeitszugverbindungen und Modernisierungen
Im November 2013 verabschiedete Thailands Senat einen Gesetzesvorschlag, der es der Regierung erlaubt, Mittel in Höhe von 69,5 Milliarden Dollar für ein Infrastrukturprojekt aufzunehmen.
Dieses sieben Jahre andauernde Projekt sieht sowohl Hochgeschwindigkeitszugverbindungen zwischen Bangkok und der Produktionszone Laos im Osten Thailands, Malaysia und der Stadt Chang Mai im Norden vor, als auch eine Modernisierung der bereits existierenden Eisenbahn- und Hafenanlagen sowie des Massenverkehrssystems in Bangkok.
Die Infrastrukturvorhaben könnten auch einen massiven Schub für die ambitionierte geplante – bislang aber noch nicht realisierte – Industriezone bewirken ebenso wie für das Handelsterminal in Dawei, dem südlichen Hafen von Myanmar.
Einmal verbunden mit Thailand und seinen Eisenbahnen wäre Dawei eine attraktive alternative Route für den internationalen Frachtverkehr. Derzeit ist dieser gezwungen, die schwierige und überfüllte Seestraße von Málaga zu nutzen.
Die Finanzierung der Infrastrukturvorhaben befindet sich auf Grund eines rechtlichen Verfahrens derzeit in einem Schwebezustand, doch sowohl von Regierung also auch von der Opposition gibt es dafür breite Zustimmung.
Wirtschaftstreiber sollten stärker als kurzfristiger Einfluss politischer Turbulenzen sein
Wir können die Möglichkeit nicht ausschließen, dass es dieses Mal in Thailand anders ist; dass die politische Instabilität zu wirtschaftlicher Schwäche und zu Verlusten bei den Unternehmen führen wird.
Allerdings werden sich die positiven Wirtschaftstreiber unserer Meinung nach mit hoher Wahrscheinlichkeit erneut als stärker erweisen als der kurzfristige Einfluss der politischen Turbulenzen. Und wir sind fest davon überzeugt, dass Thailands Menschen und Wirtschaft sich über das politische Gezänk erheben werden.
Von: Mark Mobius
Quelle: DAS INVESTMENT