Das Investment: Steigende Immobilienpreise: Wie lange geht das noch gut?

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 SJB | Korschenbroich, 16.07.2015. Die Immobilienmärkte werden neu vermessen. Doch rechfertigen Null- und Niedrigzinsen die immer weiter steigenden Preise? Oder steht der nächste Crash schon vor der Tür?

Wenn André Scharmanski auf seinen Markt blickt, sieht der Research-Leiter der Hamburger Immobiliengesellschaft Quantum durchaus Parallelen zu der Zeit vor dem Lehman-Crash: „Die Spitzenrenditen liegen wieder auf dem Niveau von 2007, der Risikoappetit der Anleger nimmt zu, das Engagement ausländischer Investoren ist deutlich gestiegen, und Portfolio-Deals gewinnen an Bedeutung.“ Steht der Immobilienmarkt also kurz vor dem nächsten Crash? Oder sind wir noch mitten im Superzyklus? Diese Frage hat sich auch Scharmanski gestellt und in der aktuellen Studie „Aufschwung ohne Ende?

Entwicklungen und Trends auf den Immobilien-Investmentmärkten“ untersucht. Das Ergebnis vorweg: „Auch wenn sich auf den ersten Blick einige typische Merkmale einer Spätphase im Immobilienzyklus zeigen, ist der Boom auf den Investmentmärkten noch lange nicht vorbei“, so Scharmanski.

Dennoch: In den vergangenen Jahren sind die Preise kräftig gestiegen. Beispiel Core-Büroimmobilien: Während Investoren für die Objekte in bester Lage früher im Schnitt bis zum 14-Fachen der jährlichen Mieteinnahmen auf den Tisch legten, sind sie inzwischen bereit, das 20-Fache zu zahlen. Ist das noch gerechtfertigt? „Im Grunde genommen ist es eine Frage der relativen Attraktivität. Je unattraktiver verzinsliche Anlagen, umso interessanter erscheinen die Alternativen. Das rechtfertigt höhere Preisniveaus durchaus“, sagt Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege der Kölner Investmentboutique Flossbach von Storch. Und die Preise dürften noch eine Weile weiter steigen. „Aufgrund der fehlenden Anlagealternativen und der zunehmenden Volatilität an den Wertpapiermärkten fließen weitere Milliarden in die Anlageklasse Immobilien“, sagt Maik Rissel, Leiter des Immobilien-Portfolio-managements bei Marcard, Stein & Co.

In der Industrie spreche man von der „Wall of Money“. Jones Lang Lasalle (JLL) etwa schätzt das Transaktionsvolumen für gewerbliche Immobilien in Deutschland in diesem Jahr auf 42 Milliarden Euro (siehe Grafik).

Dieses Kapital trifft auf ein begrenztes Angebot, sodass Rissel zufolge durchaus noch Preissteigerungen zwischen 10 und 30 Prozent und entsprechende Renditerückgänge zu erwarten sind. „Deutliche Kaufpreissteigerungen sind aber nur gerechtfertigt, wenn auch die Mieten perspektivisch steigen oder die Immobilien über andere Wertsteigerungspotenziale verfügen“, so Rissel weiter. Für „ungesund“ hält er darum, dass die Kaufpreise deutlich dynamischer steigen als die Mietpreise.

Ausländer in den Startlöchern

Wie lange geht das noch gut? Vorndran: „Noch reflektieren die Preissteigerungen die Entwicklung der Hypothekenzinsen nur stark unterproportional.“ Schaue man sich die Entwicklung seit der Wiedervereinigung 1990 an, sei das alles im Rahmen. „Und ein Blick auf die Preise in den Metropolen weltweit reicht aus, um zu erkennen, dass die Preise und Mieten in London, Mailand, Paris oder Tokio deutlich höher sind als in Hamburg, München oder Berlin.“ Das hätten inzwischen auch ausländische Investoren erkannt, die beginnen, in großem Stil in Deutschland zu investieren.

Dass die Investitionen aus dem Ausland zunehmen werden, davon ist auch JLL-Deutschlandchef Frank Pörschke überzeugt. „Wenn man sich die Bieterverfahren der vergangenen zwei bis drei Jahre ansieht, erkennt man, wie viele ausländische Investoren in den Startlöchern stehen.“ Die meisten der unterlegenen Bieter bei den Büro-Transaktionen, die JLL begleitet habe, seien aus den USA gekommen. „Noch stammt der Großteil der Käufer aus Deutschland. Das dürfte sich jedoch Stück für Stück verschieben“, so Pörschke weiter.

Einen drohenden Crash wie 2007 sieht er nicht. „Vergleicht man damals mit heute, sind die Marktparameter ganz andere.“ So lag zwischen den Büro-Renditen und Staatsanleihen 2007 gerade einmal ein Abstand von 50 Basispunkten, inzwischen sind es 417 Basispunkte.

Immobilien sind also im Verhältnis deutlich attraktiver als früher. Und demnach auch noch nicht einmal besonders teuer. Und wenn die Zinsen deutlich steigen? Eher unwahrscheinlich. Scharmanski: „Mit dem erweiterten Kauf von Anleihen durch die EZB bis September 2016 bleibt der Abwärtsdruck bei den Renditen von Staatsanleihen auch in diesem Jahr erhalten.“

Kein Crash in Sicht

Ein weiterer Unterschied zur Lage vor der Lehman-Krise: Die Loan-to-Value-Ratio, kurz LTV, also das Verhältnis von Kreditbetrag zum Verkehrswert der Immobilie, ist von 80 auf 65 bis 70 Prozent gefallen. Damit ist das Verlustrisiko der Kreditgeber stark gesunken. Zudem sind neben Banken auch immer mehr alternative Kreditgeber auf dem Markt.

„Sollten die Banken mit Griechenland und anderen Schuldnerländern Probleme bekommen, ist der Immobilienmarkt deutlich unabhängiger als noch 2007“, so Pörschke. Auch auf der Investorenseite habe ein Wechsel stattgefunden. „Während 2007 vor allem offene Publikumsfonds, Private-Equity-Investoren und Hedgefonds auf dem Markt aktiv waren, sind inzwischen vor allem Spezialfonds starke Netto-Käufer.“ Und die müssen nicht so schnell wieder verkaufen, wenn es mal ein bisschen ruckelt.

Fazit: Ja, die Immobilienpreise sind schon stark gestiegen. Ein Crash ist trotzdem nicht in Sicht. Ein Vergleich mit der Situation vor der Lehman-Krise hinkt. Pörschke: „Aber irgendwann kann der Trend auch drehen.“

Von: Astrid Lipsky

Quelle: DAS INVESTMENT.

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