In unserer Serie über die Pläne der Fondsgesellschaften für 2019 äußert sich Michael Geister, Vertriebsdirektor bei Vaneck, zu drei antizyklischen Tipps, einer Regel von Warren Buffett und möglichen Störfeuern 2019.
Welche Fondskategorien stehen bei Ihnen im kommenden Jahr vertrieblich vorn?
Michael Geister: Vaneck steht historisch für seine aktive Managementexpertise in Gold- und Rohstoffaktien sowie Emerging-Markets-Aktien und -Anleihen. Darüber hinaus bieten wir in Deutschland zahlreiche passive verwaltete Fonds (ETFs) an. Das Anlagespektrum reicht von Fonds mit bestens gearteten Staatsanleihen und Unternehmensanleihen in Emerging Markets bis hin zu Dividendenstrategien und Smart-Beta-Ansätzen auf US-Aktien. Mit Blick auf das anhaltende Niedrigzinsumfeld in Europa rechnen wir damit, dass die Nachfrage nach Produkten mit niedrigen Gebühren weiterhin hoch bleibt.
Welche einzelnen Fonds oder Fondsgruppen stehen außerdem im Fokus?
Geister: Als eines der interessantesten Konzepte würde ich einen Fonds mit US-Aktien in den Fokus stellen. Warren Buffett hat in den 1990er Jahren den Begriff des Ökonomischen Moats geprägt. Dahinter stehen nach seiner Definition Unternehmen, die einen wirtschaftlichen Burggraben (englisch „Moat“) um ihr Geschäftsmodell errichtet haben. In Buffetts Sinne entspricht das Unternehmen, die einen langfristigen Wettbewerbsvorteil besitzen und damit einhergehend relativen Schutz gegen ihre Konkurrenz haben. Das führt dazu, dass genau diese Unternehmen eine höhere Marge und entsprechende Gewinne für ihre Aktionäre erwirtschaften können. Für Anleger in Deutschland steht diese Strategie in Form eines passiven Investmentvehikels mit dem Vaneck Vectors Morningstar US Wide Moat Ucits ETF (ISIN: IE00BQQP9H09) zur Verfügung.
Außerdem hätte ich gerne einen antizyklischen Tipp.
Geister: Schaut man sich die Entwicklung von Emerging-Markets-Aktienindizes an, stellt man im Vergleich zur Historie relativ günstige Bewertungen fest. In der Assetklasse Rohstoffaktien blickt man auf mehrere schwache Jahre zurück. Vor allem warten die Fans von Goldaktien auf eine nachhaltige Trendumkehr. Im Allgemeinen kann man bei den Goldminen sagen, dass die Unternehmen ihre Hausaufgaben gemacht haben und verstärkt auf Profitabilität und Shareholder Value achten. Selbst Dividenden werden mittlerweile ausgeschüttet, um Investoren bei Laune zu halten. Sollte sich in Zukunft auch noch ein positiver Trend im Goldpreis abzeichnen, haben Goldminen besonderes Potenzial, um mit Performance zu glänzen.
Das Thema Nachhaltigkeit, also ESG, hat ja nun schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel und wird immer wieder mal hervorgeholt. Was ist dieses Mal anders?
Geister: Zum einen hat sich das Bewusstsein der Anleger gewandelt. Zunehmend werden ESG-Kriterien in die Anlagementalität und Anlagerichtlinien aufgenommen. Zum anderen ist das Produktuniversum stark gewachsen. Hier reicht die Auswahl von breiteren Anlagephilosophien wie Green Bonds bis ESG-Aktien und Sustainable-Aktien bis hin zu thematisch geprägten Konzepten mit Fokus auf Geschlechtergleichberechtigung oder Kohlendioxidausstoß.
Akademische Studien haben ausreichend gezeigt, dass ESG nicht automatisch einen Verzicht von Rendite bedeutet. Gleichzeitig nehmen wir einen Mentalitätswandel bei Investoren wahr, nicht zuletzt verstärkt durch den Dieselskandal, Diskussionen zu Arbeitsbedingungen, Gender Pay Gap, die „Me-Too“-Debatte, den CO2-Fußabdruck und das wachsende Bewusstsein einer potenziellen Klimaveränderung. ESG und Sustainability werden sich etablieren.
Welcher Ansatz für ESG ist Ihrer Meinung nach der beste? Wann gibt es endlich Standards?
Geister: Möglicherweise wird es noch länger dauern, bis sich einheitliche Standards etablieren. Den wichtigsten Schritt muss der Anleger machen – er muss formulieren, welche Kriterien für ihn persönlich wichtig sind. Dann kann überprüft werden, ob diese Kriterien hinsichtlich Portfoliokonstruktion, Diversifizierung und Praktikabilität überhaupt sinnvoll umsetzbar sind. Nicht zuletzt möchte oder muss der Anleger auch noch eine Rendite erzielen. Andererseits mögen Standards für bestimmte Investorengruppen nicht stark genug formuliert sein, da sie als kleinster gemeinsamer Nenner gesehen werden.
Wir können daher beobachten, dass bestimmte Investorengruppen schon heute eigene Kriterien umsetzen, etwa kirchliche Einrichtungen und Organisationen mit besonderen Stiftungszwecken.
Vaneck bietet beispielsweise einen globalen Aktienfonds mit ESG- & Sustainable-Filter an, der in Zusammenarbeit mit einer großen niederländischen Stiftung gestaltet wurde. Hier war quasi der Investor der Initiator des Konzeptes und hat sich eine Anlagelösung nach seinen Bedürfnissen geschaffen.
Nennen Sie mir bitte ein Thema, das 2019 besonders wichtig für die Fondsbranche wird oder ist.
Geister: Der Brexit bleibt ein beherrschendes Thema, daneben natürlich der Zollstreit, insbesondere zwischen den USA und China. Nicht zuletzt werden auch die Debatten zwischen EU und Italien zu Neuverschuldung und Haushaltsbudget anhalten. Für die Fondsbranche steht 2019 der März mit dem Thema Brexit unmittelbar vor der Tür. Gelingt es Großbritannien, einen geordneten Austritt zu organisieren, oder kommt es zu einem No-Deal-Szenario? Hier können wir große Ausschläge sowohl auf der Aktienseite als auch auf der Währungsseite erwarten. Im Beispiel Italien konnte man in jüngster Zeit – je nach Nachrichtenlage – einen Risikoaufschlag der Staatsanleihen (im Vergleich zu Bundesanleihen) beobachten.
Ist Donald Trump Ende 2019 immer noch Präsident?
Geister: Trump hat die Mid-Term Wahlen hinter sich gebracht und zudem angekündigt, dass er es nicht bei einer Amtszeit belassen möchte. Also besteht mindestens bei ihm und seinen Anhängern eine starke Zuversicht, dass seine Amtszeit mindestens über das Jahr 2019 hinausgeht.
Von: Andreas Harms
Quelle: Das Investment