Das Investment: Ginmon, Teil 3: „Nach Mifid II werden Provisionen nicht mehr durchsetzbar sein“

sjb_werbung_das_investment_300_200In einer sehr ausführlichen Interview-Reihe befragt DAS INVESTMENT.com die Gründer und Chefs der führenden Robo-Advisor zu den Wachstumsaussichten, der strategischer Ausrichtung, Regulierungs-Ärgernissen und Risikomodellen. Im 3. Teil seines Interviews spricht Lars Reiner, Chef und Gründer von Ginmon über Konkurrenz, Kooperationen und Regulierungsanforderungen

Im ersten Interview-Teil erklärte Lars Reiner, wie das Geschäftsmodell von Ginmon funktioniert und wie er eine individuelle Beratung der Kunden sicherstellt. Im 2. Teil sprach er über Portfolio-Lösungen und Risikomodelle des Robo-Advisors.

DAS INVESTMENT.com: Mit welchen Playern können Sie sich Kooperationen vorstellen beziehungsweise mit wem kooperieren Sie bereits?

Lars Reiner: Grundsätzlich schließen wir hier nichts aus. Aktuell arbeiten wir jedoch vorrangig an Kooperationen mit Banken und großen Vermögensverwaltern. Damit haben wir erst mal mehr als genug zu tun.

Die Eintrittsbarrieren in den Markt der Robo-Advisor scheinen nicht besonders hoch. Täuscht der Eindruck?

Reiner: Der Eindruck täuscht meines Erachtens sehr. Es ist keine Kunst eine schöne Website zu programmieren auf der reguläre ETFs oder Dachfonds gekauft werden können – um das Ganze dann “Robo-Advisor” zu nennen. Eine vollständig automatisierte Portfoliotechnologie hat bisher jedoch noch keine Bank auf den Markt gebracht. Ich denke hier sind die Banken auch noch viele Jahre von entfernt. Wenn ich mir die aktuellen IT-Pannen der deutschen Bankenlandschaft anschaue dann rate ich jeder Bank diese Technologie lieber gleich von Experten einzukaufen statt sich selbst daran zu versuchen.

Setzen Sie die Aktivitäten der Branchengrößen nicht unter einen enormen Zeitdruck? Was passiert, wenn eine Deutsche Bank ernst macht und mal eben eine Marketing-Kampagne für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag startet?

Reiner: Das wäre eigentlich das Beste was uns passieren kann. Als die Deutsche Bank ihren Robo-Advisor angekündigt hat, haben wir einen massiven Kundenzuwachs erfahren. Durch die großen Markteingbugets der Banken gewinnt das Thema Robo-Advice überhaupt erst in der breiten Masse an Bekanntheit. Und wenn man ein bisschen googled sieht man natürlich sofort, dass es da draußen bessere Alternativen gibt.

Der Robo-Advisor Fintego von der Fondsplattform Ebase bietet seine Lösungen seit Herbst vergangenen Jahres auch für einzelne Makler beziehungsweise Finanzanlagenvermittler nach §34f GewO an. Bieten Sie einzelnen Finanzanlagenvermittlern vergleichbare Lösungen an?

Reiner: Aufgrund der massiven Nachfrage fokussieren wir uns aktuell auf Zusammenarbeiten mit Banken und Vermögensverwaltern. Für die Zukunft ist eine Lösung für unabhängige Berater aber nicht ausgeschlossen.

Verbraucherschützer und andere Marktteilnehmer fordern ein Ende der klassischen Provisionsberatung. Anlageberater sollen nicht mehr vom Produktanbieter, sondern direkt von den Kunden bezahlt werden. Was glauben Sie, wird es in Deutschland im Bereich Investmentfonds zu einem Provisionsverbot kommen? Wenn ja, wann wird das sein?

Reiner: Mit MiFid II wird in Europa der Weg der Offenlegungspflichten gegangen. Faktisch wird das jedoch auch dazu führen, dass Provisionen aufgrund der Transparenz gegenüber dem Kunden schlicht nicht mehr durchsetzbar sein werden. Berater, Vermögensverwalter und Banken müssen sich daher langsam ernste Gedanken über die Zukunft ihres Geschäftsmodells machen.

Wie groß wäre der Schub, der Ihnen ein Provisionsverbot verleihen würde?

Reiner: Da ein Großteil der Industrie sich noch nicht auf ein Verbot bzw. die Offenlegungspflichten vorbereitet hat werden wir wohl gestärkt aus dieser regulatorischen Entwicklung hervorgehen.

Zwar haben Finanzanlagenvermittler weniger Pflichten im Bereich Dokumentation zu erfüllen, dürfen aber streng genommen gar keine Anlageberatung anbieten. Deshalb bemühen sich aktuell einige Robo-Advisor um eine Bafin-Lizenz. Welchen rechtlichen Status hat Ihr Unternehmen?

Reiner: Wir sind unter einer Lizenz nach § 34f GewO tätig und dürfen mit dieser auch bezüglich offenen Investmentvermögen, also ETFs und Indexfonds beraten. Die unter §32 KWG tätigen Robo-Advisor beraten ihre Kunden entgegen häufiger Aussagen nicht, sondern agieren diskretionär in einem breit definierten Vermögensverwaltungsmandat. Durch den Verzicht auf Anlageberatung müssen sie sich über Haftungsrisiken keine Gedanken machen. Für den Kunden haben die unterschiedlichen Lizenzmodelle letztendlich aber weit weniger Auswirkung als dies häufig suggeriert wird.

Bemühen Sie sich aktuell um eine Bafin-Lizenz?

Reiner: Wir sind bereits seit der Gründung im engen Kontakt mit der BaFin. Eine Lizenz ist für die Zukunft auch nicht ausgeschlossen.

Welche aktuellen Regelungen bremsen das Wachstum Ihres Unternehmens am stärksten?

Reiner: Viele Regelungen und Standards in der Verwaltungspraxis sind noch nicht auf die digitalen Prozesse angepasst. Hier arbeiten wir als Industrie eng mit der Bafin zusammen um dies für die Zukunft zu verbessern. So gab es beispielsweise im Juni einen BaFin-Tech Workshop, den ich als sehr produktiv empfand.

Teil des Mifid-ll-Regulierungskomplexes ist die sogenannte Product Governance: Fonds-Vermittler müssen regelmäßig überprüfen, ob das vermittelte Produkt immer noch für die Zielgruppe geeignet ist und dürfen sich nicht auf die Angaben der Produktgeber verlassen. Vermittlern wird hier ein riesiger administrativer Aufwand vorhergesagt.

Reiner: Ich kann den Unmut über diese Regelungen grundsätzlich nachvollziehen. Wir als Technologiefirma können mit solchen regulatorischen Änderungen natürlich ganz anders umgehen als einzelne Berater. Für uns ist das ein Projekt von zwei Wochen um die neue Regulatorik in unseren Systemen abzubilden. Für den einzelnen Anlageberater ist dies lebenslang zusätzliche Arbeit.

Kommt diese Regelung Ihrer Geschäftsentwicklung zugute, weil sie für Ihre Wettbewerber wie Banken und einzelnen Finanzanlagenvermittlern einen hohen administrativen Aufwand mit sich bringt?

Reiner: Selbstverständlich führen solche regulatorischen Änderungen dazu, dass die Mehrwerte unserer Plattform nochmals steigen. Etablierte Anbieter überlegen sich daher mehr und mehr das ganze Thema Vermögensmanagement direkt an uns auszulagern. Moderne APIs erlauben es Banken, die Kundendaten und Informationen von uns ganz einfach in ihr Onlinebanking zu integrieren. Die Abwicklung, Regulatorik und so weiter bleibt ihnen dabei aber komplett erspart.

Viele Experten sagen ein mehr oder weniger umfangreiches Berater-Sterben infolge von Mifid II voraus. Die wenigen verbleibenden Berater werden sich fast ausschließlich auf finanzkräftige Kunden (zirka 5 Prozent der Deutschen) konzentrieren. Sehen Sie sich als klarer Gewinner dieser Regulierung des Finanzvertriebs? Schließlich ist Ihr Unternehmen ein Auffangbecken für die restlichen 95 Prozent der Bevölkerung.

Reiner: Sollte sich der Markt tatsächlich in diese Richtung entwickeln und der Bedarf von Beratern nach automatisierten Lösungen steigen, so werden wir unsere Plattform gegebenenfalls auch für unabhängige Berater öffnen.

Von: Felix Hannemann

Quelle: Das Investment

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