„Gut, dass wir keine einzige Bankaktie hatten“, sagt Frank Fischer. Warum der Manager des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen die Bankaktien auch mit Abschlag nicht kaufen würde und wie er seinen Fonds nach dem Brexit-Referendum aufstellt, erklärt er im Gespräch mit DAS INVESTMENT.com.
DAS INVESTMENT.com: Europa und Deutschland sind enttäuscht und entsetzt über die Brexit-Entscheidung. Können Sie dem Votum irgendetwas Positives abgewinnen? Könnte der Brexit zum Beispiel das starke Signal sein, dass es brauchte, damit sich Europa neu aufstellt und stärker zusammenwächst? Frank Fischer: Das ist durchaus möglich und womöglich das einzig Positive daran. Europa hat es bisher versäumt, die Lehren aus der Euro-Krise zu ziehen und eine stärkere Union zu gestalten. Dazu gehören harte Schuldenregeln, eine unabhängige Behörde die Länder-Haushalte überwacht inklusive „Rückweisungsrecht“, die Trennung der Bankenaufsicht von der EZB und ESM-Gelder nur gegen echte Reformen.
Welche Nachrichten im Zusammenhang mit dem Brexit könnten uns in den kommenden Tagen und Wochen erreichen, die für weitere heftige Kursrückgänge sorgen würden? Oder anders: Welche Folgen des Brexits hat die Mehrheit der Marktteilnehmer vielleicht übersehen?
Fischer: Was die wirklichen Folgen des Brexits sein werden, kann keiner bisher so wirklich sagen. Wichtig ist, dass die Politiker gegenüber den Engländer hart bleiben und keine Zugeständnisse machen. Sonst droht die Gefahr einer Sollbruchstelle, das heißt dass die Staaten, die bisher ihre Budgets eingehalten haben, das irgendwann nicht mehr einsehen und den Briten folgen. Dazu gehören die Finnen, Österreicher und Franzosen. Die Verursacher dieses Dilemmas stehlen sich ja bereits allesamt aus der Verantwortung. Insofern bleibt es abzuwarten, wer den §50 wirklich zieht und was die Konsequenzen davon sein werden.
Wie wird das Thema Brexit im Speziellen und die Diskussion um Europa im Allgemeinen die Börsen in den kommenden Monaten begleiten? Gilt zumindest für den Brexit die alte Börsenweisheit „Politische Börsen haben kurze Beine“?
Fischer: Das ist nicht nur ein Sprichwort. Der Brexit war der Beschleuniger für die Bankenkrise 3.0. Das Thema Brexit ist somit schon wieder in den Hintergrund verdrängt worden. Die spannende Frage bleibt, welche Ausrede den Politikern diesmal einfällt, warum sie wieder Banken mit Steuergeldern retten müssen. Denn das war eigentlich ad acta gelegt, zuerst sollten Aktionäre und Gläubiger zur Kasse gebeten werden. Die italienischen Banken sind aktuell das größte Risiko.
Schauen wir auf das große Bild: Die meisten Aktienmärkte befinden sich seit über einem Jahr in einem mittelfristigen Abwärtstrend. Wo stehen wir aktuell? Welche Entwicklung erwarten Sie in den kommenden ein bis zwei Jahren?
Fischer: Eine ausgedehnte Sommerkorrektur ist möglich. Der Europäische Aktienmarkt prüft aktuell die Tiefs aus dem Februar während der Dax in einen Keil hineinläuft. Der Stoxx Europe 600 und der Kurs-Dax haben einen Deckel, den sie bisher nicht nach ober durchstoßen konnten. Auch wenn der S&P 500 als „safe haven“ relative Stärke zeigt, dürfte er nicht ungeschoren durch den Sommer kommen. Politische Risiken sind das Referendum in Italien im Oktober, was noch vor der Wahl in den USA kommt. Eventuell kommen ein QE4 in den USA, beziehungsweise konzertierte Notenbankmaßnahmen, die die Korrektur beenden.
Wie stellen Sie Ihren Fonds Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen aktuell auf? Welche aussichtsreichen Werte haben Sie in den vergangenen Tagen und Wochen ins Portfolio aufgenommen? Bei welchen Werten warten Sie ab? Und welche Werte haben Sie jüngst verkauft?
Fischer: Gut ist, dass wir keine einzige Bankaktie hatten. Aktuell haben wir Kasse aufgebaut und sogar einen kleinen Hedge. Dabei haben wir aktuell einen starken Home Bias zu Deutschland, da wir Large Caps und ex Deutschland reduziert haben. Zusätzlich haben wir mit John Menzies und Stada zwei Titel, die sich in Sondersituationen befinden und somit wenig mit dem Markt korreliert sind.
Gibt es jetzt schon Schnäppchen? Es fragt sich aber ob Bankaktien eine Chance darstellen nach den Kurs-Rückgängen von teilweise über 30 Prozent wie zum Beispiel bei Banco Santander, Barclays oder Unicredit. Die Stimmung gegen die Banken kann die Aktionäre aber auch zu Opfern machen – das ist uns zu heiß. Exportstarke englische Mittelstandsfirmen und günstige, eigentümergeführte Aktien aus Europa mit strukturellem Wettbewerbsvorteil sind uns da lieber. Die Gemengelage ist uns einfach zu unsicher. Und da wir glauben, dass der Markt langfristig effizient ist, warten wir mit Geduld auf neue Kaufgelegenheiten in den nächsten Wochen.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: Das Investment