Wie begegnet man den Herausforderungen der Digitalisierung in der Vermögensberatung? Wie kann die Branche von den Fintechs profitieren, ohne Marktanteile zu verlieren? Wesentliche Fragen, die Experten auf dem Finanzplaner Forum in Wien diskutierten.
Rund 80 Finanzplaner trafen sich in Wien zu einer Fachtagung, die unter der Schirmherrschaft des österreichischen Verband Financial Planners stand. Ziel: Herauszufinden, wie man mit den unaufhaltsamen Trend der Digitalisierung in der Finanzdienstleistung umgeht und dabei gleichzeitig die eigene Dienstleistung optimiert.
Die Organisatoren des Finanzplaner Forums, Otto Lucius und Guido Küsters, ließen dazu themenkundige Vermögensexperten aus Banken auf die Vertreter von erfolgreichen Fintechs auf dem deutschsprachigen Markt treffen, die aus ihrer Praxis berichteten.
Andreas Dombret, Vorstand der deutschen Bundesbank, nannte zunächst die drei Triebkräfte, anhand derer die Digitalisierung die Spielregeln der Finanzdienstleistung nachhaltig verändert: Technologie, Konkurrenz und die Kunden („bisweilen fordernd“), welche die Digitalisierung aktiv mitgestalteten. „Die zentrale Frage ist die nach den Optionen, welche sich zum Übergang zum digitalen Zeitalter für die Banken bieten“, betonte Dombret. Seine Botschaften: keinesfalls die Herausforderung aussitzen, sondern sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen, neue Wege einschlagen und über den Tellerrand hinausblicken. Strategische Allianzen von Banken mit Fintechs sind ebenso eine Option wie der Aufbau eigener digitaler Services.
Aus Sicht eines Bankenaufsehers unterstrich Dombret die neuen Chancen für die Banken, ihre derzeitige Ertragsschwäche auszugleichen – mit sinnvoll eingesetzter neuer Informationstechnologie, Kosteneinsparungen und einem Risikomanagement, das von der Digitalisierung profitieren kann. Auch die Aufsicht werde sich im Übrigen der Herausforderung stellen: „Die neuen, weitgehend unregulierten Wettbewerber wie zum Beispiel die Fintechs werden wir in den Blick nehmen – da können sie sicher sein“, sagte Dombret. Manche Fintechs hätten bereits (Teil-) Banklizenzen erworben.
Praxisnahe Berichte aus der Fintech-Welt
Besonders wertvoll für die Teilnehmer waren mehrere Erfahrungsberichte aus erster Hand, sowohl von Banken, die digitale Strategien umgesetzt haben, als auch von Fintechs, die ein Fazit über die Reaktion auf ihre Ideen am Markt zeichneten. Mit Vorträgen vertreten waren unter anderem die Netbanking-Plattform der Erste Bankengruppe „My George“, der Roboadvisor Vaamo und das Schweizer Finanzportal VZ.
Vaamo-Vorstand und Gründer Oliver Vins etwa nannte nach einem Jahr Livebetrieb seines Business-Modells fünf wesentliche Erkenntnisse. So sei Einfachheit das wichtigste Motiv vor Kostendruck und dem Investmentprodukt. Kunden liebten Sparziele und vertrauten ihrem Roboadvisor auch in volatilen Märkten. „Im Schnitt ist der Vaamo-Kunde männlich, 38 Jahre alt und hat bereits Erfahrungen in der Geldanlage“, sagte Vins. Ein zusätzlicher persönlicher Kontakt verbessere zudem die Kundenbeziehung erheblich und habe Einfluss auf die investierten Summen, die Sparrate sei dann doppelt so hoch.
Professor Andreas Hackethal von der Goethe Universität Frankfurt sorgte für die wissenschaftliche Untermalung und brachte verhaltensökonomische Grundsätze in die Diskussion ein. Er erläuterte das Kundenverhalten vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Die abschließende von Professor Hackethal geleitete Diskussion mit hochkarätigen Vertretern aus dem Vermögensmanagement der österreichischen Bankenlandschaft zeichnete sich durch eine Reihe kontroverser und kritischer Meinungen zu den vorgestellten Thesen der Experten aus.
Banken fühlen sich gewappnet
„Wir nennen es nicht Roboadvice, sondern digitalisierte Anlageberatung“, sagte Christian Noisternig, Ressortleiter Vertrieb von der UniCredit Bank Austria. „Sie soll nach einer einfachen digital geführten Strecke den Kunden Schritt für Schritt in die geführte Beratung übergehen und den Berater dadurch unterstützen, dass seine Expertise dokumentiert wird.“
Als viel zu sehr gehypt und noch zu früh bezeichnete hingegen Peter Bosek, Vorstand der Erste Group Bank, die Fintech-Entwicklung. „Kunden jetzt in dieser Marktsituation in selbstlernende Systeme zu führen, halte ich für ein No-Go“, so Bosek, er sehe derzeit keine sensationell erfolgreichen Fintechs im Wertpapierbereich, die die aktuelle Marktsituation meisterten.
Michaela Keplinger-Mitterlehner, stellvertretende Generaldirektorin der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, unterstrich, dass die Digitalisierung den gesamten Prozess einer Bank revolutionieren wird und nicht nur im Anbieten eines Online-portals erschöpfe. „Wir legen Wert auf die Individualisierung und Nutzbarmachung von Daten für unsere eigenen Kunden. Wir kommen bisher auf einer viel zu rationalen Ebene auf die Kunden zu“, so die Generaldirektorin. Es werde Gamification benötigt, der Kunde müsse spielerisch und mit Spaß an die Themen herangeführt werden. „Wir müssen uns im Internet so weit entwickeln, dass wir für einen Anleger so sind, wie Runtastic für einen Läufer“, zog Keplinger-Mitterlehner einen passenden Vergleich.
Alles in allem zeigten sich die Diskussionsteilnehmer nach eigener Aussage im großen und Ganzen recht gelassen und gewappnet für die Herausforderungen, die der Branche aus der Digitalisierung erwachsen und bereits eifrig in der Umsetzung entsprechender Projekte.
Die Veranstaltung zählt zum Weiterbildungssystem der zertifizierten Finanzplaner und ist mit 5,5 CPD-Credits bewertet. Das nächste Finanzplaner Forum findet bereits am 14. und 15. März in Düsseldorf statt und ist bereits nahezu ausverkauft.
Von: Oliver Lepold
Quelle: DAS INVESTMENT.