SJB | Korschenbroich, 10.11.2014. Die europäischen Aktienmärkte haben in den vergangenen Monaten enttäuscht. Ein schwächerer Euro könnte jedoch die Exporte in Schwung bringen. Im kommenden Jahr wären dann wieder mehr Wachstum und höhere Unternehmensgewinne erzielbar, sagt Franklin Templeton Fondsmanager Uwe Zöllner.
Die Märkte in Europa kämpften im bisherigen Jahresverlauf mit zahlreichen Problemen. Geopolitische Spannungen, ausbleibende politische Reformen und die geringere Nachfrage aus den Schwellenländern schwächten die ohnehin anämische Erholung. Auch die Umsätze der Unternehmen enttäuschten, da sie weiterhin deutlich hinter den Höchstständen des Jahres 2007 zurückblieben.
Frankreich und Italien bleiben zurück
Insgesamt erholte sich die Konjunktur im Euroraum eindeutig langsamer, als wir ursprünglich erwartet hatten. Punktuell waren zwar Verbesserungen festzustellen. So leitete Spanien harte Strukturmaßnahmen in die Wege. Italien und Frankreich folgten diesem Beispiel jedoch nicht. Notwendige Schritte zur Ankurbelung der beiden Volkswirtschaften unterblieben. Italien rutschte sogar wieder zurück in die Rezession. Auch in Deutschland ließ die Wachstumsdynamik merklich nach. Die schlechten Wirtschaftsdaten aus Deutschland, Frankreich und Italien könnten selbstzufriedenen oder reformunwilligen Staaten indessen als Warnsignal dienen. Die geopolitischen Spannungen in der Ukraine verschlechterten die Lage zusätzlich, insbesondere nach den jüngsten Sanktionen gegen Russland. Zwar sind wir nicht davon überzeugt, dass die Nachfrage russischer Kunden das BIP-Wachstum in Westeuropa wirklich entscheidend beeinflusst. Der Ukraine-Konflikt beeinträchtigte allerdings die Stimmung der Anleger, die sich ohnehin schon wegen des erheblichen Deflationsdrucks sorgten.
EZB hat kaum weitere Optionen
In dieser Situation bleibt die Europäische Zentralbank (EZB) unter Handlungsdruck. Nach unserer Auffassung hat die Notenbank vieles richtig gemacht, um die Konjunktur zu stimulieren. Unterbleiben Strukturreformen der einzelnen Regierungen, kann die EZB jedoch nicht mehr viel ausrichten. Ihre expansive Geldpolitik war zwar hilfreich. Sie ist aber nicht in der Lage, alle aktuellen wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Kleinen und mittleren Unternehmen aus Südeuropa wäre geholfen, wenn sie einen besseren Zugang zu Krediten erhielten. Ob die jüngsten Maßnahmen der EZB hierzu beitragen werden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht abschätzen.
Den größten Erfolg der EZB sehen wir im schwächeren Euro. Dieser könnte tatsächlich die Exporte ankurbeln. Nach unserer Auffassung hängt es im Wesentlichen von einer schwächeren Gemeinschaftswährung und von weiteren Strukturreformen ab, ob Europa wieder stärker wächst. Die Chancen dafür stehen gar nicht schlecht. 2014 wird in dieser Hinsicht glanzlos bleiben – in den kommenden Quartalen könnte sich dies jedoch ändern. In der Vergangenheit war schon häufiger zu beobachten, dass zum Start einer wirtschaftlichen Erholung in Europa zunächst die Exporte anzogen. Auch ein stärkeres BIP-Wachstum in Asien könnte eine Aufwärtsbewegung einleiten.
Von: Uwe Zöllner
Quelle: DAS INVESTMENT.