Das Investment: Emerging-Markets-Anleihen: Die höchsten Zinsen, die besten Fonds

sjb_werbung_das_investment_300_200  SJB | Korschenbroich, 12.05.2011. Die etablierten Volkswirtschaften haben ihre Schuldenprobleme nicht im Griff. Daher zieht es Investoren an die Anleihemärkte der Schwellenländer. Wo es die meisten Zinsen gibt, und wer die Risiken am besten managt. William „Bill“ Gross hat die Reißleine gezogen. Noch im Juni 2010 hielt der Manager des mit 237 Milliarden US Dollar größten Investmentfonds der Welt, des Pimco Total Return, zu über 62 Prozent amerikanische Staatsanleihen. Heute keine einzige mehr.

Wenn eine Investorenlegende wie Gross einen derart radikalen Schnitt vollzieht, hat das Signalwirkung. Und natürlich beobachten andere Anleger genau, was der 67-jährige Amerikaner stattdessen mit den ihm anvertrauten Milliarden macht.

Fast ein Viertel davon liegt derzeit noch auf diversen Konten zur Wiederanlage bereit, weitere 40 Prozent stecken in hypothekenbesicherten Anleihen und hochverzinslichen US-Unternehmensanleihen. Ein Zehntel des Fondsvermögens – also die enorme Summe von 24 Milliarden Dollar – hat Gross darüber hinaus in Anleihen aus den Schwellenländern investiert.

Zweistellige Zinssätze

Noch in den 90er Jahren galten die Schuldscheine aus der Dritten Welt als Papiere, die zwar hohe Zinsen, aber auch regelmäßig Kummer und Sorgen bringen. An den hohen Zinsen hat sich wenig geändert: Staatsanleihen aus Indonesien bringen derzeit 8 Prozent, Papiere aus Brasilien und Venezuela sogar 12,8 beziehungsweise 13,8 Prozent.

Das Risiko scheint jedoch komplett  anders: Weil Industriestaaten wie Deutschland oder die USA bei ihren Gläubigern derzeit mit durchschnittlich 100 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts (BIP) in der Kreide stehen, wirken ihre mit etwas über 3 Prozent rentierenden Anleihen gefährlicher. Schließlich beträgt der am BIP gemessene Verschuldungsgrad der Schwellenländer gerade einmal 37 Prozent.

Nicht nur für Gross, auch für viele andere Anleger ist das eine klare Sache. 75 Milliarden Dollar – fast doppelt so viel wie im Vorjahr – schaufelten sie 2010 in den Markt, dessen Volumen JP Morgan auf 2,2 Billionen Dollar schätzt.

Ein großer Teil davon ist jedoch gar nicht investierbar. „Das Geld kommt aus allen möglichen Schichten, vom Kleinanleger bis zur Zentralbank“, sagt Michael Mewes, der die Rentenabteilung von JP Morgan Asset Management Deutschland leitet.

Betuchte Anleger zweifeln

Deutsche wohlhabende Anleger – traditionell eher defensiv veranlagt – halten sich noch zurück. „Die möglichen Renditen stehen bislang in keinem Verhältnis zu den gefühlten und echten Risiken“ ,sagt Christoph Weber, geschäftsführender Gesellschafter der WSH Deutsche Vermögenstreuhand.

Das liege vor allem an den Währungsrisiken und den möglichen politischen Krisen. Auch Jörg Borgers traut der aktuellen Stimmung nicht. „Wenn viel Geld durch die Marketing-Power der Fondsindustrie in einen Sektor fließt, muss das nicht unbedingt gut für die Performance der Investoren sein“, meint der Leiter der Vermögensallokation beim Family Office Berlin & Co, stellt aber gleichzeitig fest: „Generell gehören ausländische Anleihen in ein gut strukturiertes Portfolio.“

Schwellenländeranleihen sind bei weitem nicht so einheitlich wie der Begriff vermuten lässt. Die einzelnen Teile markieren zugleich die Etappen eines Landes auf dem Weg zu einem gut entwickelten Anleihemarkt.

Zu Beginn kann das Land nur kurzlaufende Anleihen in den – vermeintlichen – Hartwährungen Dollar und Euro herausbringen. Alles andere ließe sich nicht am Markt platzieren, da Investoren noch keine Erfahrung mit dem neuen Schuldner und dessen Währung haben.

Erst mit der Zeit werden längere Laufzeiten möglich und schließlich sogar Anleihen in der Landeswährung. Ausländische Investoren gehen dann bewusst Währungsrisiken ein.

In der ersten Etappe stecken beispielsweise noch viele Länder Afrikas. „Der Rentenmarkt in Ghana hat sich nicht wie erhofft entwickelt“, sagt Ato Barnes, der an der Börse in Ghana Seminare für Rentenhandel Unternehmensanleihen gebe es praktisch gar nicht, und die längste Laufzeit für eine Staatsanleihe betrage nur drei Jahre, so Barnes. Aber auch er registriert, dass das Interesse ausländischer Investoren steigt.

In größerem Stil ist in Afrika bisher nur die Fondsboutique Silk Invest mit ihrem Silk Road Income Fund (WKN: A0YEUF) aktiv. Deren Rentenchef John Bates ist anders als Barnes erklärter Fan des ghanaischen Markts. Insgesamt hält er aber Afrika noch für am wenigsten erschlossen, was es zu einem der „spannendsten Rentenmärkte der Welt“ mache.

Ein Beispiel für eine weiter entwickelte Borger-Nation ist Brasilien. Das Land verfügt über 315 Milliarden Dollar Reserven in Geld und Gold. Das ist mehr als die Schuldenuhr anzeigt und macht Brasilien zu einem beliebten Anleiheemittenten, auch in Landeswährung.

Harte Fonds, weiche Fonds

So geteilt der Markt ist, so verschieden sind die Fonds. Viele etablierte Produkte beschränken sich noch auf Hartwährungsanleihen, meistens in Dollar. Sie profitieren davon, dass Schwellenländer eine schlechtere Bonität haben als die USA oder Euroland und ihre Anleihen deshalb höher verzinst werden.

Verbessert sich das Land zudem finanziell, wirtschaftlich und politisch, steigt auch die Bonität. Dann kommen zu den Zinsen noch Kursgewinne hinzu. Erst seit ein paar Jahren konzentrieren sich mehr und mehr Produkte auf Anleihen in lokalen Währungen.

Sie tragen meistens ein „Local“ oder „Currency“ im Namen. Hier orientieren sich die Zinsgewinne am Niveau des jeweiligen Landes. Das richtet sich nach dem Leitzins, der wiederum auf die Inflation reagiert.

Hinzu kommt die Währungskomponente: Entwickelt sich die Wirtschaft gut und bleibt die Inflation vor Ort gering, steigt der Wert der Währung im Vergleich zu Dollar und Euro. Ein Effekt, der in nahezu der kompletten abgelaufenen Dekade bei vielen Ländern zu beobachten war. Viele Experten setzen darauf, dass das noch nicht zu Ende ist.

Und die neuen Lieblingsschuldner selbst? Ihre Währungen werten durch Zuflüsse auf, was den Export erschwert. Zudem ziehen die Inflationsraten bereits schmerzhaft an.

„Viele Länder versuchen, Geld abzuwehren, indem sie zusätzliche Kapitalsteuern erheben, oder versuchen, die Währungsaufwertungen zu dämpfen“, meint Peter Marber, Leiter Schwellenländeranleihen bei HSBC Global Asset Management. Einige Beispiele seien Chile, Brasilien, Thailand und Korea.

Grundsätzlich ist es aber sinnvoll, dass die lokalen Rentenmärkte wachsen. Zwar steigt mit jeder neu ausgegebenen Anleihe auch der Schuldenbetrag. „Wenn die Schuldenlast langsamer wächst als die Wirtschaft, ist das überhaupt kein Problem“, sagt JP-Morgan-Experte Mewes. Wachstum müsse schließlich auch über Fremdmittel finanziert werden.

Auch Unternehmen freuen sich über das fremde Geld. „Alle Investoren sind bei uns willkommen“, sagt Catharina Widjaja, Sprecherin bei PT Gajah Tunggal, einem indonesischen Reifenproduzenten. Er litt 2009 unter der Autokrise und musste eine bestehende Anleihe umschulden. Kein Problem dank ausländischer Investoren. Das Unternehmen schreibt jetzt schwarze Zahlen und hat seine Schulden geviertelt. 10 Prozent gehören dem französischen Konkurrenten Michelin. Gerüchten zufolge könnte der Anteil demnächst weiter steigen.

Und trotzdem bringt die Gajah-Anleihe eine zweistellige Rendite bis 2014, die von Michelin nur 3,4 Prozent. Das sind Fehler in der Matrix, wie sie Toke Hjortshøj und Sune Højholt Jensen mögen. Das dänische Duo managt für Sparinvest den noch jungen Emerging Markets Corporate Value Bonds (A1C 0XY).Von den schon länger engagierten Firmen haben sich einige als Platzhirsche etabliert. So managt Pictet inzwischen 6,7 Milliarden Euro in Fonds auf lokale Anleihen und 1,9 Milliarden Euro in Hartwährungs-Pendants. In Schwellenländer-Chef Simon Lue-Fong haben die Schweizer einen versierten Spezialisten.

US-Staatsanleihen retten Rendite

Wie am Aktienmarkt ist das Risiko eines der wichtigsten Unterscheidungskriterien für die Fonds. Gut zu sehen am Jahr 2008, als Investoren durch die Finanzkrise Angst bekamen und Geld für heimische Verpflichtungen brauchten. Sie holten es aus ihren Anlagen in den Schwellenländern und ließen Währungen und Kurse abstürzen.

Lue-Fong ahnte das und eröffnete – reichlich unkonventionell – eine zusätzliche Position auf steigende Kurse von US-Staatsanleihen. Die Welt flüchtete genau dorthin – und Lue-Fong schloss als einer der wenigen das Jahr mit Gewinn ab.

Franklin Templeton hat mit Michael Hasenstab ebenfalls einen Starmanager auf der Gehaltsliste. Er kauft seit Jahren lokale Schwellenanleihen am Stück oder zerlegt sie sogar in ihre Bestandteile Zins, Währung und Kurs.

Der Lohn: ebenfalls milliardenschwere Portfolios und ein Abo auf einschlägige Managerpokale. Hasenstab ist generell hochtourig unterwegs – dadurch verlor er 2008 mit seinem Templeton Emerging Markets Bond (WKN 971666) überdurchschnittliche 14,8 Prozent. Doch er holte das Verlorene rasch wieder heraus und legte noch 43 Prozent als kleine Entschädigung obendrauf.

Nicht verlustfrei, aber trotzdem mit vergleichsweise niedrigen Kursschwankungen und ansehnlicher Performance sind Hasenstabs Konkurrenten von Swiss & Global am Start, die die Fonds der Marke Julius Bär betreuen.

Ihre Manager tendieren generell in Richtung Absolute Return Verluste sollen immer möglichst klein bleiben, was bisher gut klappt. Das Angebot wächst. Neben Sparinvest sind auch Nordea, Axa, Aberdeen und der dänische Vermögensverwalter Global Solution neu dabei.

JP Morgan hat drei neue Fonds nachgelegt, auch DWS und Pioneer stocken auf. Die Liechtensteiner LGT Capital hat bereits 2009 mit Mark Rall einen guten Namen eingekauft. Die Adelsfamilie geht mit gutem Beispiel voran: 5 Prozent des fürstlichen Portfolios von Liechtenstein stecken in Schwellenländeranleihen.

Noch kein Standard im Depot

Trotzdem bleiben Schwellenländeranleihen zunächst ein zumindest leicht erhitztes Pflaster. „Es besteht immer die Gefahr, dass Investoren fliehen und Kurse einbrechen. Das macht Schwellenländeranleihen trotz aller fundamentalen Stärke noch immer zu einer Risikoanlage“, bestätigt Pictets Investmentspezialist Walter Liebe.

Inzwischen scheint wieder ein solcher Moment gekommen. Somit sind die grundsätzlich lukrativen Schwellenländeranleihen noch ein Stück davon entfernt, sich als Standard in deutschen Depots einzunisten.

Aktuell senken sie im Portfolio kaum das Risiko, obwohl einige ihrer Verkäufer gern das Gegenteil behaupten. Um sich tatsächlich gegenläufig zu Aktien zu bewegen, müssten sie sich als Fluchthafen für Krisenzeiten etablieren.

Andreas Scholz

Quelle: DAS INVESTMENT.

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