SJB | Korschenbroich, 19.08.2015. In der Vertriebsbranche ist man vielerorts der Ansicht, ein einmal anerkannter Alte-Hasen-Status könne wie ein Führerschein zeitlich unbegrenzt auch für spätere Erlaubniserweiterungen genutzt werden.
Die Industrie- und Handelskammern sind anderer Meinung. Mona Moraht, Referatsleiterin Gewerberecht, erläutert die Rechtsinterpretation des DIHK. Ein typischer Fall aus der Praxis: Ein Anlagefondsvermittler hat seine auf Produktkategorie 1 (Investmentfonds) beschränkte Erlaubnis nach Paragraf 34f GewO im Jahr 2014 erworben – entweder durch Sachkundeprüfung oder als „Alter Hase“ – und möchte jetzt sein Produktportfolio erweitern. Die Erlaubnis soll auf die Produktkategorie 2 (geschlossene Investmentvermögen) und 3 (Vermögensanlagen) ausgeweitet werden.
Dabei handelt es sich um eine Folgeprüfung nach Paragraf 3 Abs. 5 Nr. 2 der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV). Das heißt, der praktische (mündliche) Teil der Prüfung muss bei der Erweiterung der Erlaubnis nicht erneut absolviert werden.
Denn die Befreiung vom praktischen Prüfungsteil nach Paragraf 3 Abs. 5 Nr. 2 FinVermV ist nicht beschränkt auf die Fälle, in denen der Gewerbetreibende zuvor tatsächlich auch den praktischen Prüfungsteil im Rahmen der Sachkundeprüfung abgelegt hat, sondern gilt auch für „Alte Hasen“.
Eine weitere Frage ist allerdings strittig: Muss ein Gewerbetreibender, der die 34f-Erlaubnis für die Produktkategorie 1 im Rahmen der „Alten Hasen-Regelung“ erworben hat und nun erweitern möchte, den schriftlichen Prüfungsteil für die Kategorie 2 und 3 absolvieren?
Keine Teilbefreiung bei Folgeprüfung
Dieser Fall ist in der Finanzvermittlerverordnung nicht eindeutig geregelt. Anders als Paragraf 3 Abs. 5 FinVermV für den praktischen Prüfungsteil, enthält Paragraf 3 Abs. 2 FinVermV für die schriftliche Prüfung aber keine Teilbefreiungen bei Folgeprüfungen aufgrund von Erweiterungen der 34f-Erlaubnis auf weitere Produktkategorien.
Das bedeutet, die FinVermV ist hier nach Ansicht des DIHK so auszulegen, dass bei einer Erweiterung der 34f-Erlaubnis auf Produktkategorie 2 und 3 die entsprechenden Sachgebiete geschlossene Investmentvermögen und Vermögensanlagen im schriftlichen Teil der Folgeprüfung zu prüfen sind, wenn die Erlaubnis für Kategorie 1 zuvor auf Grund der „Alten Hasen-Regelung“ nach Paragraf 157 Abs. 3 Satz 4 GewO erworben wurde.
Bis Ende 2014 bestand hier noch eine Übergangsregelung: Ein „Alter Hase“, der befugt eine Erlaubnis für die Produktkategorie nach Paragraf 34?f Abs. 1 Nr. 1 (Investmentfonds) erhalten hat, konnte diese Erlaubnis innerhalb einer Frist bis zum 1. Januar 2015 erweitern. Dafür bestand eine Stichtagsregelung des Paragraf 157 Abs. 3 Satz 1 GewO. Bis zu diesem Zeitpunkt galt der erforderliche nahtlose Übergang von der 34c-Erlaubnis auf die nach Paragraf 34f als nicht unterbrochen. Vielmehr wurde die 34f-Erlaubnis nur erweitert, was an sich schon beim Erst-Antrag hätte geschehen können.
Stichtag war am 1. Januar 2015
Gewerbetreibende, die sich nicht bis zum 1. Januar 2015 an die IHK gewandt hatten, können sich nach Sinn und Zweck des Paragraf 157 (Absatz 3 Satz 2 GewO) jetzt nicht mehr auf den “alten Hasen” berufen, um sich die schriftliche Prüfung für die erweiterten Fachgebiete zu sparen.
Andernfalls würde sich ein Wertungswiderspruch zur genannten Stichtagsregelung ergeben. Die in der Fachpresse vertretene Auffassung „Einmal alter Hase – immer alter Hase” (so etwa von der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte auf Cash Online vom 20. Juli 2015 ) teilt der DIHK daher ausdrücklich nicht.
Die „Alte Hasen-Regelung“ war eine großzügige Übergangs- und Bestandsschutzregelung für langjährig im Markt tätige Gewerbetreibende, die innerhalb der Übergangsfrist vom Erfordernis einer Sachkundeprüfung befreit werden sollten. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die „Alte Hasen-Regelung“ hingegen nicht zu einem verselbständigten Status führen. Gewerbetreibende sollten sich nicht dauerhaft darauf berufen können.
Von: Mona Moraht
Quelle: DAS INVESTMENT.