Das Investment: Deflationspanik: Angst und Euphorie sind schlechte Ratgeber

sjb_werbung_das_investmejavascript:;nt_300_200 SJB | Korschenbroich, 06.11.2014. In den öffentlichen Debatten wird Deflation stets verteufelt. Dabei gibt es eine gute Deflation, die unseren Wohlstand über niedrige Produktionspreise mehrt und zum Kern einer funktionierenden Marktwirtschaft gehört, denkt Wolfgang Juds, Geschäftsführer von Credo Vermögensmanagement.

Unter Deflation versteht man einen allgemeinen, signifikanten und anhaltenden Rückgang des Preisniveaus für Waren und Dienstleistungen. Bei Wikipedia ist zu lesen, dass Deflation dann entsteht, wenn sie gesamtwirtschaftliche Nachfrage geringer als das Angebot ist.

Da die Deflation normalerweise in einer Depression auftritt, besteht die Angst, dass wir aktuell vor einem allgemeinen Wirtschaftsabschwung stehen und die Deflation um jeden Preis bekämpft werden muss.

Allerdings haben wir es nach meiner Einschätzung momentan nicht mit einem allgemeinen Preisverfall zu tun, sondern lediglich mit einem Fehlen der Inflation. Einer der wesentlichen Preistreiber der vergangen Jahre ist der Ölpreis gewesen.

Trotz aller Krisen ist dieser jedoch zuletzt signifikant gesunken. Seit Jahresbeginn verlor das Öl der Marke WTI in US-Dollar gerechnet 17 Prozent. Das ist positiv zu bewerten und entlastet den Verbraucher erheblich. Die hohen Energiepreise waren in den vergangenen Jahren einer der stärksten Preistreiber.

Zweitens: Aufgrund der Krise in der Eurozone der letzten Jahre wurden in einigen südeuropäischen Ländern erhebliche Sparmaßnahmen vorgenommen, welche die Wettbewerbsfähigkeit dieser Staaten erhöhen sollten. Dazu gehören auch Lohnsenkungen und moderate Tarifabschlüsse. Auch dieser Effekt führt insgesamt zu niedrigen Preisen.

Drittens: Die Lebensmittelpreise sinken aufgrund von guten Ernten. Die Preise für Mais und Weizen sind in diesem Jahr deutlich zurückgekommen. Auch die Preise für Milchprodukte sind aufgrund von Überkapazitäten zurückgegangen.

Schließlich hat der allgemeine Produktivitätsfortschritt aufgrund der internationalen Arbeitsteilung in manchen Bereichen zu sinkenden Preisen geführt – insbesondere in der Unterhaltungsbranche ist ein Preisverfall bei Elektrogeräten festzustellen.

Diese Faktoren sind grundsätzlich positiv zu bewerten und sollten keine Ängste erzeugen – weder bei den Anlegern noch bei den Verbrauchern.

Sinkende Preise belasten die reale Schuldenlast

Sinkende Preise schaden vor allem denjenigen Staaten und Akteuren, die am stärksten verschuldet sind und nicht mehr von ihren Schulden runter kommen. Insbesondere in den Staaten, die kein Wachstum aufweisen, steigt die reale Schuldenlast weiter an.

Dazu gehören in der Eurozone insbesondere Frankreich und Italien. Bei Spanien, Portugal und sogar bei Griechenland scheinen sich erste Erfolge einzustellen. Mit einer stärkeren Inflationsrate wäre es möglich, den Schmerz zu lindern und leichter aus der Schuldenfalle heraus zu kommen.

So aber werden auch Frankreich und Italien dazu gezwungen, langsam Reformen für mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt und weniger Bürokratie vorzunehmen, um mehr Investitionen zu ermöglichen.

Auch in Deutschland setzt sich inzwischen die Erkenntnis durch, dass es weitere Maßnahmen braucht, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und dass man sich nicht auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen darf. Positiv ist das der Reformdruck steigt und die Kapitalmärkte die Politik zum Handeln bewegen werden.

Wirtschaftswachstum von ein Prozent angemessen

Die jüngsten Anpassungen der Konjunkturprognosen haben die Erwartungen auf eine realistische Größe zurückgestuft. Mit einem Wachstum von rund 1 Prozent liegen wir in Deutschland etwa in der Nähe unseres Potenzialwachstums.

Kein Grund zur Besorgnis! Beunruhigend fand ich vielmehr die Sorglosigkeit, mit der manche Marktakteure in den vergangenen Monaten Aktien zu jedem Preis gekauft haben – egal wie teuer sie bereits waren.

Jetzt ist es zur Korrektur gekommen, die gesund ist. Überraschend war allenfalls die Geschwindigkeit, mit der die Aktien korrigiert haben. Das bietet dem antizyklischen Anleger wieder neue günstige Einstiegsmöglichkeiten, die es zu nutzen gilt.

Kursrückschläge zum Einstieg nutzen

Kurzfristig ist es nicht ausgeschlossen, dass es weitere Korrekturen gibt. Genauso gut ist eine Zwischenerholung möglich, wie sie sich aktuell andeutet. Auf jeden Fall nehmen die Schwankungen aufgrund der gestiegenen Unsicherheit über die Konjunkturaussichten zu.

Antizyklisches Handeln – das lässt sich nicht oft genug sagen – bedeutet, die aktuelle Kursschwäche für einen Einstieg zu nutzen. Um das Risiko von zu frühen Käufen zu reduzieren, bietet es sich an, gestaffelt über mehrere Transaktionen an schwachen Tagen in den Markt zu gehen.

Angst und Euphorie sind schlechte Ratgeber. Besser ist es, systematisch und planvoll zu agieren und seiner Linie treu zu bleiben. Damit ist die Basis für einen künftigen Anlageerfolg gelegt – trotz oder gerade wegen der jüngsten Marktturbulenzen.

Von: Wolfgang Juds

Quelle: DAS INVESTMENT.

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