SJB | Korschenbroich, 11.12.2013.Was ist los beim Carmignac Patrimoine? Der Vorzeigefonds aus der Zeit nach der Finanzkrise 2008 schwächelt schon seit fast drei Jahren. Woran das liegt und ob er noch der richtige Basis-Baustein in einem Mischfonds-Portfolio ist. Viele Investmentfonds gibt es nicht, die in den vergangenen Jahren so erfolgreich waren wie der Carmignac Patrimoine (WKN: A0DPW0) .Der Allrounder der französischen Fondsboutique Carmignac Gestion beglückte seine Anleger in den vergangenen zehn Jahren mit einem Wertzuwachs von 96 Prozent, das macht 7,0 Prozent pro Jahr.
Die breite Masse vergleichbarer Mischfonds schaffte nicht einmal die Hälfte davon. Das blieb nicht ohne Folgen für das Volumen: Verwaltete der Fonds im September 2008 erst 4 Milliarden Euro, sind es heute knapp 28 Milliarden Euro.
Verlorene Erfolgsformel
Seit einiger Zeit indes scheint die Erfolgsformel von Fondsmanager Edouard Carmignac nicht mehr aufzugehen. In den vergangenen drei Jahren entwickelte sich der Fonds nur noch durchschnittlich, seit Herbst 2012 schwächelt er geradezu.
Im September 2013 stufte ihn deshalb das Analysehaus Morningstar von Gold- auf Silber-Status herab. Und auch bei vielen Anlagevermittlern schwindet der Rückhalt. „Wir haben den Fonds aus den Portfolios rausgenommen“, erklärt Constanze Hintze, Geschäftsführerin der Finanzberatung Svea Kuschel + Kolleginnen aus München. „Die Ergebnislücke zum Markt, seiner Vergleichsgruppe und seiner eigenen Vergangenheit ist erschreckend groß.“
Einige Experten unken bereits, dass sich der Carmignac Patrimoine in den kommenden Monaten mit milliardenschweren Abflüssen konfrontiert sehen könnte. Was ist dran an diesen Unkenrufen und vielen weiteren Gerüchten?
Gerücht Nummer 1: Anleger zogen zuletzt massiv Gelder aus dem Fonds ab
Es stimmt, dass der Carmignac Patrimoine von Juni bis August netto einen Mittelabfluss von 828 Millionen Euro verzeichnen musste. Allerdings ist dieser Aderlass nicht zu vergleichen mit den Verlusten aus 2011. Damals zogen Anleger in wenigen Monaten rund 3,5 Milliarden Euro ab.
„Weil der Fonds in der ersten Jahreshälfte 2011 schlecht lief, hatten ihn einige spanische Bankhäuser auf Verkaufen gesetzt. Das verbreitete sich wie ein Lauffeuer und setzte die Verkaufswelle in Gang“, erklärt Volker Schilling, Vorstand der Freiburger Beratungsgesellschaft Greiff Capital Management.
Der Kursrutsch an den Aktienmärkten im August 2011, der den Fonds völlig ungeschoren ließ, erinnerte Anleger dann jedoch sehr schnell daran, was sie am Carmignac Patrimoine
hatten.
Trotzdem stellt sich die Frage, ob die Abflüsse aus älteren Märkten wie Deutschland nicht viel höher ausfallen, da die Mittelzuflüsse aus neu hinzugekommenen Märkten sie teilweise kompensieren. So ist Carmignac seit Mai 2012 auch in Großbritannien aktiv. Die Fondsboutique verneinte die Kompensation, da es einige Zeit brauche, bis sich die Bemühungen in einem neuen Markt auszahlen würden und erst dann größere Summe den Carmignac-Fonds zufließen würden.
Gerücht Nummer 2: Edouard Carmignacs Nachfolge ist nicht geregelt
Der Manager des Carmignac Patrimoine ist im September 66 Jahre alt geworden, nach französischen Maßstäben ist er also längst reif für den Ruhestand. Entsprechende Pläne streitet Carmignac allerdings vehement ab. „Ich könnte der Sohn von Warren Buffett sein”, erinnerte er jüngst die Kollegen von der „Financial Times“ an den legendären US-Investor, der im August seinen 83. Geburtstag feierte und ebenfalls noch keinerlei Anzeichen von Ermüdung zeigt.
Darüber hinaus hat Edouard Carmignac immer wieder betont, dass die von ihm und Eric Helderlé gegründete Fondsboutique auch nach seinem Ausscheiden im Eigentum der Familie bleiben soll. Mit Maxime Carmignac stünde seine eigene, erst im Juli zur Geschäftsführerin der Londoner Niederlassung berufene Tochter bereit.
Gerücht Nummer 3: Die Erstattung der Gebühren im Jahr 2008 war ein Marketing-Gag
Fakt ist, dass die französische Fondsboutique 2008 für den Patrimoine-Fonds keine Performance-Gebühr von den Anlegern verlangt hat. Der Wertzuwachs lag mit 0,01 Prozent minimal im Plus. Die für die Performance-Gebühr relevante Wertentwicklung der Vergleichsgruppe lag bei minus 12 Prozent. 10 Prozent der Differenz hätte Carmignac von den Anlegern einziehen können, da die eigene Fonds-Performance positiv war. Macht rund 1,2 Prozent.
„Technisch gesehen hatten wir das Recht dazu. Eine Performance-Gebühr für eine schwarze Null zu erheben, auch wenn es sich im Krisenjahr 2008 wie ein tolles Ergebnis anfühlte, hielten wir damals nicht für richtig“, sagt Didier Saint-Georges, der als Mitglied des Investment-Komitees in diese Entscheidung eingebunden war. Gerücht Nummer 4: Das hohe Volumen des Patrimoine-Fonds lässt die Performance leiden
„Edouard Carmignac hatte in seinen ersten Jahren pfiffige Investmentideen. Er hat ein Schnellboot geführt. Mit einem Volumen von 28 Milliarden Euro ist der Carmignac heute jedoch zum trägen, langweiligen Ozeandampfer geworden“, meint Constanze Hintze.
Für bisherige Carmignac-Verhältnisse war die Fonds-Performance in den vergangenen drei Jahren sowie im Verhältnis zur Vergleichsgruppe mit im Schnitt 2,4 Prozent pro Jahr unterdurchschnittlich.
Deutlich wird das auch am Morningstar-Ranking des Fonds in der Vergleichsgruppe. Für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2012 belegt er mit einer annualisierten Performance von 5,6 Prozent den ersten Platz unter 144 globalen, ausgewogenen Mischfonds. Vor allem verdankt er das dem guten Abschneiden im Jahr 2008. Lässt man dieses Jahr weg, beträgt die durchschnittliche Performance zwar 7,1 Prozent, allerdings landet der Fonds dann nur noch auf Platz 78 von 174.
„Trotz der zuletzt schwächelnden Performance würde ich den Carmignac Patrimoine nicht infrage stellen“, sagt Klaus-Dieter Erdmann, Geschäftsführer der Analysegesellschaft MMD. Volker Schilling stimmt zu: „Über den Patrimoine schimpfen kann eigentlich nur, wer ihn relativ frisch anhand von Performance-Rankings der vergangenen 10, 15 oder 20 Jahre gekauft hat. Die meisten Anleger haben ihn jedoch gekauft, weil Edouard Carmignac seinen eigenen Kopf und seine eigene Weltsicht hat, diese im Fonds umsetzt und eben nicht irgendeiner regelbasierten Strategie folgt.“
Dass er damit auch mal auf dem falschen Fuß erwischt wird, liegt in der Natur der Sache. So war Carmignac gegenüber dem Euro lange Zeit kritisch und hatte die Eurozone gravierend untergewichtet. Das hat ihm im Vergleich zu anderen Fonds viel Performance gekostet. Aber, so Schilling: „Solche Schwächephasen gab es in der mittlerweile 24-jährigen Geschichte des Fonds immer wieder.“
Generell machen Carmignac wie allen anderen Mischfonds-Anbietern auch die niedrigen Zinsen zu schaffen. „Der Performance-Puffer auf der Investment-Grade-Anleiheseite des Portfolios ist nahezu weg“, sagt Stefan Kirchner, Geschäftsführer der Honestas Finanzmanagement. Das sei nach 30 Jahren hoher Renditen am Rentenmarkt „eine echte Zäsur“.
Im Portfolio des Patrimoine greift Carmignac deshalb auf Anleihen mit höheren Renditen wie italienische und spanische Staatsanleihen sowie Unternehmensanleihen zurück. Auch auf der Aktienseite hat er jüngst umgeschichtet. „In einer langsam wachsenden Weltwirtschaft mit schwer berechenbaren Kapitalströmen zwischen den Finanzmärkten der Industrie- und Schwellenländer helfen zwei Dinge“, erklärt Didier Saint-Georges. „In global führende Unternehmen investieren, die in einem solchen Umfeld ihre Vorteile ausspielen können. Und zweitens in Japan investieren, um vom Konjunkturprogramm von Premier Shinzo Abe zu profitieren.“
Für die nötige Flexibilität des Fonds kommen Derivate zum Einsatz, allerdings nur sogenannte Plain-Vanilla-Produkte wie Futures. „Falls wir sehr schnell in einen Markt reinkommen wollen, helfen uns diese Instrumente, weil sie keine hohen Transaktionskosten verursachen und sehr liquide sind. In einem zweiten Schritt wechseln wir dann die Futures durch physische Aktien aus“, erklärt der Mann aus dem Investment-Komitee von Carmignac.
Es bleibt abzuwarten, wie die Neuausrichtung des Portfolios sich auf künftige Performance-Zahlen auswirken wird. Ein endgültiges Urteil darüber, ob der Carmignac Patrimoine noch ins Depot eines Kunden gehört, sollte niemand treffen, ohne die enorme Verschiebung in den Investmentgewohnheiten zu berücksichtigen.
Bis 2008 spielten Mischfonds am Markt allenfalls eine Nebenrolle, heute sind außer dem Patrimoine auch Produkte wie Flossbach von Storch Multiple Opportunities (A0M430) oder Ethna-Aktiv E (764930) allgegenwärtig.
Das wirft die Frage nach dem Gesamtrisiko der Depots und damit auch nach der Korrelation unter den Mischfonds auf. „Anleger sollten nicht nur über Asset-Klassen, sondern auch über Fondsmanager streuen. Anhand der Korrelations-Analyse können sie schnell sehen, welche Manager identisch agieren und welche sich gegensätzlich verhalten“, sagt Klaus-Dieter Erdmann.
Honestas-Geschäftsführer Kirchner pflichtet ihm bei: „Die Korrelations-Analyse ist kein Allheilmittel, da die Manager von Mischfonds die Gewichtung der Asset-Klassen jederzeit ändern können. Trotzdem ist sie für die Betrachtung des Gesamtrisikos eines Depots ungemein wichtig.“ Zudem gewinne die Analyse an Aussagekraft, je länger die Datenreihe der untersuchten Fonds sei.
DAS INVESTMENT hat zusammen mit dem Analysehaus MMD eine Auswahl der 40 größten und namhaftesten Mischfonds auf ihre Korrelation untereinander untersucht. Die Kreuztabelle zeigt eindeutig: Der Carmignac Patrimoine bewegt sich weitgehend unabhängig zu anderen Mischfonds. Die Korrelation liegt kein einziges Mal höher als 0,7, und in 34 Fällen ist sie sogar niedriger als 0,5. Das bedeutet, dass Anleger mit dem Patrimoine eine gute Ergänzung zu anderen Mischfonds im Depot haben, sie haben einen Fonds, der in der Vergangenheit nicht abstürzte, wenn andere dies taten.
Ähnlich geringe Korrelationswerte weisen nur der M&W Privat (A0LEXD), der Bantleon Opportunities L (A0NB6R), der AC Risk Parity 7 (A0NH4J) und der Jupiter Strategic Total Return Fund (A1C1MR) auf. Allerdings sollten Anleger bei dieser Analyse auch auf die Wertentwicklung der Fondsachten. Die untenstehende Produkttabelle listet die besten Mischfonds der Korrelationstabelle nach annualisierter Performance – je vier in den Kategorien offensiv, defensiv, ausgewogen und flexibel.
Von: Ansgar Neisius
Quelle: DAS INVESTMENT.