Das Investment: BVI prangert Regulierungswut an

Anstatt der Fondsbranche zur Abwechslung mal ein bisschen unter die Arme zu greifen, haut die EU eine neue Regel nach der anderen raus. Damit vernachlässigt sie eine wichtige Aufgabe, meint BVI-Geschäftsführer Thomas Richter. Beim Branchenverband BVI hat man mal nachgezählt, und das Ergebnis sieht übel aus. Demnach hat die Fondsbranche in der Europäischen Union (EU) derzeit 72 Richtlinien und Verordnungen zu befolgen.Vor drei Jahren waren es nur 39. Die Zahl der sogenannten Durchführungsbestimmungen wuchs von 305 auf 537 und die der Leitlinien und Empfehlungen von 232 auf 455.

So fühlen sich wohl Kinder, wenn ihre Eltern den ganzen Tag sagen: Tu dies nicht, tu das nicht! Mach das! Lass das! Und irgendwann reagieren sie nur noch genervt. Im Sinne des Erfinders sei das nicht, lässt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter auf der Jahrespressekonferenz durchblicken. „Die EU-Regulierung bindet immer noch enorme Kapazitäten, die den Asset Managern an anderen Stellen fehlen“, stellt er fest. Zwei solche anderen Stellen hat der BVI ausgemacht, auf denen Fondsgesellschaften genug zu tun hätten: Margendruck – nicht zuletzt durch die ETF-Konkurrenz erzeugt – und technischer Fortschritt. Dazu hier ein paar Details:

Das eine drückt die Gewinne, das andere kostet Geld – macht in der Summe ein ziemlich dickes zu bohrendes Brett. Somit ist es verständlich, dass die Teilnehmer einer BVI-Umfrage neben den genannten Aspekten auch Überregulierung als großes Problem ansehen.

Hier mal eine Übersicht der eigentlichen Ziele der Finanzmarktrichtlinie Mifid II:
• kundengerechter Produktvertrieb
• Fehler leichter nachweisbar
• Produktkosten einfach zu durchschauen

Und stattdessen das:
• mehr Hürden in der Anlageberatung
• Flut an Informationen
• Gewinnverbot bei Zuwendungen
• Pflicht zur Aufzeichnung von Telefonaten

Damit vergisst die EU laut BVI neben ihren neuen Regeln auch mal ein paar alte zu kürzen oder abzuschaffen. Und damit vernachlässigt sie eine wichtige dritte Aufgabe neben Anlegerschutz und Finanzstabilität: nämlich den Finanzplatz Europa zu stärken, ihn konkurrenzfähig zu halten. Dazu Richter: „Die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Fondsbranche sollte auch ein legitimes Ziel der EU-Finanzmarktregulierung sein. Die Asset Manager in Europa sind die Träger der Altersvorsorge und Finanzierer von Unternehmen und Staaten. Ihre globale Wettbewerbsfähigkeit sollte auch bei Abwägungsentscheidungen der EU-Gesetzgeber und Regulatoren Berücksichtigung finden.“

Von: Andreas Harms
Quelle: Das Investment

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