Das Investment: Diese Folgen hat der Betrugsverdacht gegen P&R

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Die Verantwortlichen der insolventen P&R-Gruppe stehen im Verdacht, seit mehreren Jahren ein Schneeballsystem betrieben zu haben. Was es bedeutet, wenn P&R die Anleger tatsächlich betrogen haben sollte, erklärt Jan Schoop von der Hamburger Kanzlei GGV. Der Verdacht lag nahe: Nachdem die vorläufigen Insolvenzverwalter der mittlerweile fünf P&R-Gesellschaften mitgeteilt hatten, dass nur rund 618.000 als vorhanden oder vermietet in den Büchern stünden, sah die Staatsanwaltschaft München I sich veranlasst, am 11. Mai gegen frühere und heutige Geschäftsführer der P&R Gruppe ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts einzuleiten. Nach den mit Anlegern abgeschlossenen Kauf- und Verwaltungsverträgen hätten sich gut 1,6 Millionen Container in der Verwaltung von P&R befinden müssen. 

Nach Branchen- und Insiderinformationen bestehen zumindest Zweifel daran, dass wirklich rund eine Million. Container komplett aus dem Bestand verschwunden sein sollen. In ihrer Presseerklärung vom 17. Mai stützen die Insolvenzverwalter sich auf Angaben der Schweizerischen P&R Equipment & Finance Corp., von der mittlerweile bekannt wurde, dass sie selbst mit knapp 42 Prozent an der im Vereinigten Königreich ansässigen Blue Sky Intermodal Ltd. beteiligt ist. Im Verkaufsprospekt der P&R Transport Container GmbH wird die Blue Sky Intermodal Ltd. lediglich als eine von mehreren Container-Leasinggesellschaften genannt. Nun ist die P&R Equipment & Finance Corp. nicht nur Verkäufer und Untermieter der Container, sondern über die Blue Sky Intermodal Ltd. auch selbst Containermanager. Das lässt vermuten, dass sich ein Teil der angeblich verschwundenen Container im Bestand dieses oder eines anderen Containermanagers befindet, mit dem die P&R Equipment & Finance Corp. zusammenarbeitet. Immerhin ist die Blue Sky Intermodal Ltd. beim Bureau International des Containers et du Transport Intermodal (BIC) mit den BIC-Codes SKIU und BSIU als Eigentümer zahlreicher Container aufgeführt.

„Dramatische Fehlentwicklung“

Die dramatische Fehlentwicklung lässt befürchten, dass die Verantwortlichen bei P&R seit mehreren Jahren ein Schneeballsystem betrieben haben: Die neu bei Anlegern eingenommenen Gelder sind womöglich nicht, wie versprochen, zum Kauf neuer Container, sondern zur Bezahlung von Garantiemieten bei älteren Programmen verwendet worden.

Dies begründet den Verdacht des Eingehungsbetruges, der sich schon daraus ergäbe, dass auch die erworbenen Container möglicherweise keinem individualisierten Anleger zugeordnet wurden. Sollte dies sich bestätigen, hätten die Verantwortlichen bei P&R gewusst, dass die Anleger niemals wirksam das Eigentum an den von ihnen bezahlten Containern erwerben würden.

Schadensersatz für Anleger

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft München I soll die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Beschuldigten in Bezug auf jeden Anleger von Amts wegen geklärt werden. Das ändert aber nichts daran, dass etwaige Schadensersatzansprüche der einzelnen Anleger von diesen selbst gegenüber den Verantwortlichen von P&R auf dem Zivilrechtsweg verfolgt werden müssten.

Dabei müssten die Anleger den Betrug erst einmal beweisen, und selbst wenn dies gelänge, dürfte bei zehntausenden von Klagen am Ende auch bei den verantwortlichen Gesellschaftern und Geschäftsführern von P&R im Vollstreckungswege nichts zu holen sein. Selbstverständlich wird auch der Insolvenzverwalter zu prüfen haben, ob sich die jeweils handelnden Personen mit Verfügungen von einer P&R-Gesellschaft zur anderen jeweils gegenüber der geschädigten Insolvenzmasse schadensersatzpflichtig gemacht haben. Presseberichten zufolge soll etwa die P&R Transport Container GmbH bis Ende August 2017 über 200 Millionen Euro an die P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH überwiesen haben.

Eigentümer der Container

Immerhin dürfen die Anleger wohl nicht befürchten müssen, dass die Insolvenzverwalter die geleisteten Garantiezahlungen erfolgreich anfechten und zurückfordern können. Grundsätzlich ist das zwar denkbar, sollte der Verdacht eines Schneeballsystems sich bestätigen. Dazu ließe sich argumentieren, die Anleger hätten Garantiemietsätze erhalten, obwohl sie gar nicht Eigentümer der Container waren.

Anders als bei der Auszahlung von Scheingewinnen im Rahmen eines Schneeballsystems sind die Anleger an den P&R Gesellschaften aber nicht als Gesellschafter beteiligt, sondern mit diesen lediglich schuldrechtlich über die Kauf- und Verwaltungsverträge verbunden. Mangels Beteiligung am Gewinn oder Verlust der P&R-Gesellschaft handelt es sich auch nicht um eine gemeinsame Anlage nach dem KAGB.

Schuldrechtliche Verpflichtung

Die Garantiemieten sind auf Grundlage einer schuldrechtlichen Verpflichtung gezahlt worden, die unabhängig von einer womöglich nicht wirksam erfolgten Eigentumsverschaffung besteht. Denn der einzige Grund, warum die Anleger der P&R Gesellschaft die Nutzung des jeweils gekauften Containers nicht überlassen konnten, bestünde darin, dass die P&R Gesellschaft selbst die an sie gezahlten Kaufpreise nicht zum Erwerb der entsprechenden Container verwendet hat.

Einem etwaigen Anfechtungsanspruch der Insolvenzmasse dürfte – anders als bei Scheingewinnen – die fehlende Unentgeltlichkeit entgegenstehen. Einem etwaigen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung dürfte entgegenstehen, dass die P&R Gesellschaften die Zahlungen in Erfüllung ihres Garantieversprechens geleistet haben.

Wirtschaftliches Eigentum an Containern

Ebenso unbegründet dürfte zudem die vereinzelt geäußerte Sorge sein, die Finanzverwaltung könnte bei fehlendem Eigentum an den Containern die hierauf vorgenommenen Abschreibungen nicht anerkennen. Steuerlich ist zunächst allein das wirtschaftliche Eigentum an den Containern maßgeblich, welches durch die Kauf- und Verwaltungsverträge von P&R den Anlegern zugewiesen wurde.Erkennt man dieses mangels Übertragung des Eigentums nicht an, hat der Anleger der P&R Gesellschaft dennoch Geld überlassen und eine Gegenleistung (Garantiemieten) dafür erhalten. Diese wären dann als Kapitaleinkünfte zu qualifizieren und unterlägen gegebenenfalls der Kapitalertragssteuer.

Ob der Anleger sich in der Folge schlechter stellt, als wenn er die Abschreibungen auf den Container nutzen kann, hängt von der individuellen steuerlichen Situation des Anlegers ab. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Finanzverwaltung eine solche Alternativbetrachtung anstrebt.

Infos über den Autor
Jan Schoop ist Rechtsanwalt und Partner bei GGV in Hamburg. Er berät vorwiegend Initiatoren und Vertriebe von Kapitalanlagen im Handels-, Gesellschafts- und Kapitalanlagerecht sowie im Insolvenzrecht. Zudem ist er als Head of Litigation bei GGV mit der gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen sowohl innerhalb als auch außerhalb von Insolvenzverfahren befasst.

Von: Jan Schoop

Quelle: Das Investment

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