Oberstes Ziel von Mifid II ist Transparenz und Verbraucherschutz. Dabei bringen die Regeln der EU-Richtlinie einen merkbaren Einschnitt für die Finanzberatungsbranche mit sich. Die Mifid-II-Regeln müssen ab heute verbindlich angewendet werden. Ab heute sind die Regeln von Mifid II und der begleitenden EU-Verordnung Mifir verbindlich. Der Termin für den verbindlichen Start wurde schon einmal um ein Jahr verschoben: Ursprünglich war der 3. Januar 2017 als Starttermin vorgesehen gewesen. Im Mai 2016 verständigten sich Unterhändler des EU-Parlaments mit Vertretern der nationalen Regierungen der EU-Staaten, den Beginn zu verschieben und der Umsetzung auf europäischer und nationaler Ebene mehr Zeit einzuräumen.
Oberstes Ziel Verbraucherschutz
Mifid II soll vor allen Dingen Verbrauchern zugutekommen. Im Zuge der Finanzkrise um das Jahr 2008 hatten Berichte über Verbraucher die Runde gemacht, die offensichtlich an gedanken- oder skrupellose Finanzberater geraten waren und nach Beratungsgesprächen Finanzprodukte gekauft hatten, die für sie völlig ungeeignet waren. Vordringliches Ziel der überarbeiteten EU-Richtlinie Mifid ist der Schutz von Anlegern. Bereits Produktanbieter sollen definieren, für welche Anlegergruppen sich ihre Finanzprodukte eignen. Finanzberater sollen auf den konkreten Bedarf ihrer Kunden schauen.
Eine sogenannte Geeignetheitserklärung soll sicherstellen, dass eine Finanzanlage, die ein Berater empfiehlt, für einen Kunden auch geeignet ist. Die Geeignetheitserklärung tritt an die Stelle des Beratungsprotokolls, durch das Berater seit 2010 Verkaufsgespräche dokumentieren mussten. Zu den durch Mifid II erweiterten Dokumentationspflichten für Berater tritt ab heute auch die Pflicht, telefonische Beratungsgespräche aufzuzeichnen, das sogenannte „Taping“. Kommt es nach Finanzberatung zwischen Kunden und Berater zum Streit, sollen die archivierten Telefonaufzeichnungen als Beweismittel dienen.
Transparente Finanzprodukte
Weiteres Kernanliegen von Mifid II ist es, Finanzprodukte transparenter zu machen – auch das im Sinne des Verbraucherschutzes. Das betrifft auch die Kostenseite: Kunden sollen sehen, welche Gebühren beim Kauf eines Finanzprodukts anfallen. Alle Kosten rund um Finanzprodukte sollen detailliert und für Kunden verständlich aufgeschlüsselt werden.
Beim Thema Beratervergütung ist der europäische Gesetzgeber bislang zurückhaltend geblieben: Beratern wird durch EU-Vorgaben nicht grundsätzlich verwehrt, Provisionen von Produktgebern zu empfangen. Allerdings hat der EU-Gesetzgeber Regeln definiert, gemäß denen Finanzberater Vergütung von dieser Seite entgegennehmen dürfen: Provisionen sollen dem Kunden zugutekommen. Sie dürfen nicht mehr als Gewinn vereinnahmt werden, sondern sollen allein die Qualität der Beratung verbessern helfen. Die Wegzeichen weisen also – auch ohne ein formal festgeschriebenes Provisionsverbot – europaweit in allen Ländern in Richtung Honorarberatung.
FinVermV lässt hierzulande auf sich warten
Mifid II ist vorerst direkt nur für Berater verbindlich, die nach Paragraf 32 Kreditwesengesetz reguliert sind – wie Banken und unabhängige Vermögensverwalter. Finanzanlagenvermittler, die mit Genehmigung nach Gewerbeordnung tätig sind, werden viele Regeln voraussichtlich übernehmen müssen. Was ganz genau auf sie zukommt, definiert die noch ausstehende erneuerte deutsche Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV).
Von: Iris Bülow
Quelle: Das Investment