Fidelity | Kronberg, 05.07.2017.
Dhananjay Phadnis, Asien-Fondsmanager bei Fidelity International:
• Indien setzt ehrgeizige Steuerreform um
• Kurzfristig wirtschaftliche Verwerfungen zu erwarten
• Langfristig überwiegen positive Wirtschaftseffekte
• Konsumgüterhersteller und Logistikfirmen profitieren
Kronberg im Taunus, 5. Juli 2017 – Seit 1. Juli hat Indien mit der „Goods and Services Tax“ (GST) eine ehrgeizige Steuerreform umgesetzt. Die GST ist eine landesweite, indirekte Steuer, durch die ein einheitlicher Wirtschaftsraum geschaffen werden soll. Bislang erhoben die 23 Bundesstaaten und sieben Unionsterritorien Indiens (Gebiete, die direkt der Zentralregierung in Neu Delhi unterstehen) ihre eigenen Steuern und Abgaben.
Das neue Steuersystem soll langfristig Ineffizienzen des bisherigen Systems verringern, die Steuerehrlichkeit erhöhen sowie die Steuerbasis insgesamt verbreitern. Angesichts der Größenordnung der Reform sind in den nächsten beiden Quartalen wirtschaftliche Verwerfungen zu erwarten. Zugleich zeigt diese Reform die Stärke und den Willen der Regierung, politische Entscheidungen umzusetzen.
„Unser Research vor Ort deutet darauf hin, dass Großhändler und Wiederverkäufer derzeit ihre Lagerbestände abbauen und der informelle Sektor möglicherweise schrumpft. Doch auf lange Sicht werden die Vorteile und Effizienzgewinne überwiegen“, so Dhananjay Phadnis, Portfoliomanager zweier Asienfonds bei Fidelity International. In der Vergangenheit haben bereits Länder wie Australien und Malaysia erfolgreich ähnliche Systeme zur Besteuerung von Waren und Dienstleistungen umgesetzt.
Aus Sicht von Phadnis profitieren vor allem die Konsumgüterhersteller und Logistikfirmen von der neuen Steuerreform. „Wir werden auch weiterhin nach Anlagechancen im Zusammenhang mit der Einführung der GST Ausschau halten. Generell sollte sich die GST im Zeitverlauf in besseren Gewinnmargen und höherer Profitabilität der indischen Unternehmen bemerkbar machen“, so der Fondsmanager.
Im Überblick: Was kennzeichnet die Goods and Services Tax?
1. Sie ist eine einheitliche, landesweit gültige indirekte Steuer. Sie wird auf alle hergestellten Waren und Dienstleistungen erhoben, vom Produzenten bis hin zum Endverbraucher.
2. Sie stellt eine Mehrwertsteuer dar. Sie wird bei der Produktion von Gütern bzw. der Erbringung von Dienstleistungen über alle Phasen der Wertschöpfung hinweg auf den jeweils erbrachten Mehrwert erhoben.
3. Sie ist wirtschaftlich betrachtet eine Verbrauchsteuer. Sie wird als Vorsteuer bis zur letzten Wertschöpfungsphase weitergereicht und ist letztlich vom Endverbraucher der Güter und Dienstleistungen zu tragen.
4. Es gibt fünf Steuerstufen. Allen Gütern und Dienstleistungen sind fünf Steuersätze zugeordnet (steuerfrei, 5 %, 12 %, 18 %, 28 %). Für gut 80 Prozent der Güter fällt maximal eine 18-prozentige Steuer an.
Langfristiger Nutzen der Goods and Services Tax
1. Senkung der Logistikkosten. Analysen von Fidelity sprechen dafür, dass das vereinfachte Steuersystem das Ausmaß von Ineffizienzen reduziert und die Kumulationswirkung der bisher erhobenen unterschiedlichen Steuern und Abgaben beseitigt. Dadurch sollten die Logistikkosten sinken und der Transport von Gütern im Inland beschleunigt werden.
2. Größere Steuerehrlichkeit und höhere Steuerquote. Indiens Steuerquote beträgt lediglich 17 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und ist damit so niedrig wie in sonst kaum einem anderen Schwellenland. Der Durchschnitt in den Schwellenländern liegt bei 21 Prozent und in den OECD-Staaten bei 34 Prozent.
Da die auf jeder Wertschöpfungsstufe bezahlte GST als Vorsteuer geltend gemacht werden kann, setzt sie Anreize zur ordnungsgemäßen Buchführung und Einhaltung der Steuervorschriften. Damit sollte sie auf lange Sicht zu höheren Steuereinnahmen des Staats führen.
3. Ein Schritt hin zu einer stärker formalisierten Volkswirtschaft. Die Unternehmen, in die Fidelity investiert, sind im formellen Sektor der Wirtschaft tätig. Bei besserer Einhaltung der Steuervorschriften sollte dieser Sektor zulasten der Schattenwirtschaft wachsen.
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