Das Investment: „Vermögensverwalter müssen ihre Vergütungsstruktur anpassen”

sjb_werbung_das_investment_300_200Während das Regulierungsvorhaben Mifid I lediglich die Produkte betraf, geht Mifid II weiter. Es werden die Prozesse der Finanzdienstleister reguliert – mit teils gravierenden Folgen für einige Geschäftsmodelle. Was auf unabhängige Vermögensverwalter zukommt, erklärt Wirtschaftsprüfer Jürgen App.

Im Oktober legte das Bundesfinanzministerium den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Mifid II in deutsches Recht vor. Demnach darf ein Vermögensverwalter im Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung keine Zuwendungen von Dritten annehmen und behalten, mit Ausnahme von kleineren nichtmonetären Vorteilen.

Vorgaben zum Provisionsverbot

Hinsichtlich des Provisionsverbots in der Vermögensverwaltung dürfen Kickbacks oder die häufig gewährten Bestandsprovisionen somit vom Vermögensverwalter zwar angenommen werden, nicht aber von diesem behalten werden. Der Vermögensverwalter muss die erhaltenen Provisionen künftig an die Kunden vollständig auskehren.

Viele Vermögensverwalter erzielen bisher einen Teil ihrer Erträge durch entsprechende Bestandsprovisionen. Ein Anteil von 20 Prozent oder mehr ist gerade bei Verwaltern von kleineren Vermögen nicht selten. Die neuen Vorgaben werfen Fragen für die Zukunft bestehender Vergütungsmodelle im Allgemeinen auf. Daneben haben sie Auswirkungen auf verschiedene spezifische Fragestellungen, die in der Praxis häufig auftreten.

Auswirkungen auf Vergütungsmodelle

Erhöhung Honorar des Vermögensverwalters

Erhält der Vermögensverwalter die Bestandsprovision künftig nicht mehr, so hat er zunächst eine Ertragseinbuße. Sofern der Vermögensverwalter diese Ertragseinbuße ausgleichen möchte, müsste er sein Honorar an den Kunden um den gleichen Betrag erhöhen.

Fraglich ist, was mit der Bestandsprovision passiert. Falls der Verwalter diese weiterhin erhält, muss er sie an den Kunden weiterleiten. In diesem Zusammenhang ist eine weitere Neuregelung im Kontext der Mifid II zu beachten. Danach muss ein Unternehmen den Kunden auch über die zugehörigen Verfahren bei der Auskehrung von Zuwendungen informieren.

Das Ganze ist bis dahin ein Nullsummenspiel. Vorteil für den Kunden ist zunächst die für ihn erhöhte Transparenz: Er kann künftig erkennen, welcher Anteil der Vergütung des Verwalters ursprünglich vom Produktanbieter bezahlt wurde.

Der Pferdefuß liegt allerding in der Umsatzsteuer. Denn der Vermögensverwalter muss auf den Erhöhungsbetrag des Honorars zusätzlich die Umsatzsteuer berechnen, die beim Kunden in der Regel effektive Kosten darstellen. Das heißt, der Wegfall der Bestandsprovision führt diesbezüglich zu einem Nachteil beim Kunden.

Alternativ kann es auch den Verwalter treffen, soweit dieser die Honorar-Erhöhung beim Kunden und/oder die zusätzliche Umsatzsteuer nicht durchsetzen kann. Daneben können weitere steuerlich nachteilige Effekte hinzukommen.

(Genereller) Wegfall von Bestandsprovisionen?

Eine weitere Alternative wäre der generelle Wegfall von Bestandsprovisionen. Da die Bestandsprovision letztendlich Kosten des Produkts darstellen, zum Beispiel eines Investmentvermögen, würden die Kosten des Produkts entsprechend reduziert werden. Dies käme dem Kunden über eine entsprechend erhöhte Rendite zugute.

In diesem Fall könnte argumentiert werden, dass „bessere“ Produkte ohne Bestandsprovision auch ein höheres Honorar des Vermögensverwalters rechtfertigen und ihn so für seine Ertragseinbuße aus dem Wegfall der Bestandsprovision entschädigen. In der Praxis bestehen hier allerdings erhebliche Vorbehalte, inwieweit dem Kunden diese Zusammenhänge vermittelt werden können und eine entsprechende Honorarerhöhung durchsetzbar sein wird.

In jedem der vorstehend beschriebenen Fälle werden grundlegende Anpassungen der Vergütungsstrukturen und der Vertragswerke zwischen den Beteiligten (Vermögensverwalter, Kunde, depotführende Bank, Kapitalverwaltungsgesellschaft) vonnöten sein. Daneben sind steuerliche Wirkungen zu beachten. Teilweise sind auch zusätzliche Informationspflichten an Kunden zu erfüllen.

Spezifische Fragestellungen

Spezialfall: Behandlung von Advisory-Vergütungen bei eigenen Fonds des Vermögensverwalters

Eine spezifische Fragestellung betrifft die Behandlung von Vergütungen aus eigenen Fonds von Vermögensverwaltern. Diese haben häufig eigene Fonds initiiert, die von ihnen beraten werden und für die sie eine Vergütung (Advisory-Gebühr) erhalten.

Diese eigenen Fonds werden häufig im Rahmen der Vermögensverwaltung für Kunden eingesetzt. Die Advisory-Gebühr erhält der Vermögensverwalter jedoch nicht vom Vermögensverwaltungskunden, sondern von der Kapitalverwaltungsgesellschaft und somit also von einem Dritten – zumindest im Verhältnis von Vermögensverwalter und Vermögensverwaltungskunde.

In dieser Konstellation kann bezüglich der Advisory-Gebühr eine Zuwendung gesehen werden. Falls dem so wäre, müsste der Vermögensverwalter die aus der Beratung seiner Fonds erhaltene Advisory-Gebühr nach den Vorgaben aus Mifid II an den Vermögensverwaltungskunden auskehren.

Fraglich ist, ob eine solche pauschale Sichtweise im Interesse der Beteiligten ist und auch dem Normzweck der gesetzlichen Regelung entspricht und gerecht wird. Normzweck ist insbesondere der Anlagerschutz und die Minimierung von Interessenkonflikten.

Diese Frage stellt sich vor allem, wenn man sich verschiedene in der Praxis vorkommende Strukturen in der Vergütung bei Vermögensverwaltung unter Einsatz eigener Fonds vor Augen führt:

Es ist ersichtlich, dass der Interessenskonflikt des Vermögensverwalters in Variante 1 ungleich größer ist als in Variante 2. Würde man in Variante 2 die Advisory-Gebühr als Zuwendung betrachten, die dann von dem Vermögensverwalter an den Kunden auszukehren ist, so würde der Vermögensverwalter aus diesem Volumen weder ein Vermögensverwalter-Honorar noch eine Advisory-Gebühr für sich vereinnahmen können – ein Ergebnis, welches offenkundig nicht richtig sein kann.

Bei der Beurteilung, ob Vergütungen aus eigenen Fonds eine (zukünftig verbotene) Zuwendung darstellen, ist nach Meinung des Verfassers eine pauschale Beurteilung nicht sachgerecht. Vielmehr ist die Gesamtkonstellation unter Berücksichtigung der getroffenen Vergütungsvereinbarung mit dem Kunden zu berücksichtigen.

Spezialfall: Rückvergütungen an nahe stehende Personen

Teilweise sind in der Praxis Fälle zu beobachten, bei denen (Rück-)Vergütungen nicht an den Vermögensverwalter selbst, sondern an eine diesem nahe stehende Person fließen. Derartige Gestaltungsüberlegungen sind derzeit vor dem Hintergrund des Provisionsverbots aus Mifid II verstärkt in der Diskussion.

Fraglich erscheint allerdings, ob derartige Konstruktionen vor dem Hintergrund des Normzwecks dieser Regelung als zulässig zu beurteilen sind.

Fazit

Die Neuregelungen zum vollständigen Provisionsverbot in der Vermögensverwaltung bringen vielfach einen bereits jetzt ersichtlichen klaren Handlungsbedarf mit sich. Bei vielen Einzelfragen steckt aber auch der Teufel im Detail. Hier ist eine sorgfältige Analyse und Beurteilung vor dem Hintergrund der rechtlichen Anforderungen erforderlich.

Von: Jürgen App

Quelle: DAS INVESTMENT.

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