Das Investment: Thorsten Polleit: „Der Währungswettbewerb hat bereits begonnen“

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 11.12.2014. Geld für den Weltfrieden: Warum das staatliche Geldmonopol alles andere als alternativlos ist, was gutes Geld vom schlechten Geld unterscheidet und welche friedensstiftende Wirkung gutes Geld hat, erklärt Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit.

DAS INVESTMENT.com: Vor wenigen Wochen kam die Neuauflage Ihres Buchs „Geldreform“ auf den Markt. Was gibt es denn Neues im Vergleich zu der Situation von vor ein paar Jahren, als Sie das Buch geschrieben hatten?

Thorsten Polleit: Die Lage ist viel dramatischer geworden. Schuld daran ist zum Beispiel die Rettungspolitik im Euro-Raum sowie der ESM und die Bankenunion. Außerdem haben die Zentralbanken ihre Politik vereinheitlicht und somit den weltweiten Wettbewerb des Geldes ausgehebelt.

Inwiefern?

Durch die Liquiditäts-Swap-Abkommen haben alle großen Zentralbanken der Welt beschlossen, sich untereinander unlimitiert Geld zu leihen. Dadurch haben die nationalen Zentralbanken die Hoheit über die heimische Geldmenge verloren.

Braucht ein Staat in Zeiten zunehmender Digitalisierung denn überhaupt physisches Geld?

Der Staat als Zwangsgewalt will entmaterialisertes, beliebig vermehrbares Geld. Für den Bürger ist das ein Alptraum. Für ihn ist Sachgeld das bessere Geld. Am besten wäre es für ihn, wenn er eine freie Auswahl beim Geld hätte.

Warum?

Die vorherrschende Meinung geht davon aus, dass der Staat die Hoheit über das Geld haben soll. Das geht auf eine alte Theorie zurück. Sie besagt, dass der freie Markt dieser Aufgabe nicht gewachsen ist. Ich schließe mich jedoch dem Ökonomen Ludwig von Mises an. Er hat nachgewiesen, dass die staatliche Geldproduktion zu Wirtschaftsstörungen führt. Außerdem ist Staatsgeld anfälliger ist für Entwertung. Das Staatsgeld genügt also nicht den Anforderungen, die an solide Zahlungsmittle zu stellen sind. Ein freier Wettbewerb würde besseres Geld bereitstellen, als das staatliche Monopol es tut.

Wie kommen Sie darauf?

Der Wettbewerb sorgt für bessere Produkte. Nehmen wir zum Beispiel Apple: Gäbe es keine Konkurrenz wie Samsung & Co., würde sich Apple sicherlich nicht so viel Mühe machen, seine iPhones und iPads zu perfektionieren. Letztendlich profitieren Verbraucher davon. Das Gleiche gilt für alle anderen Produkte.

Und auch für Zahlungsmittel?

Ja, auch für Geld. Gutes Geld kann nur im Wettbewerb bereitstellt werden. Das staatliche Währungsmonopol bringt schlechtes Geld hervor.

Um gut zu sein muss Geld aber sehr viel Vertrauen in der Bevölkerung besitzen. Schließlich handelt es sich bei einem 100-Euro-Schein zunächst einmal um ein Stück Papier, das erst durch das Vertrauen – und den Mangel an anderen, alternativen Zahlungsmitteln – seinen Wert erhält. Wie könnten die Menschen aber einer Währung vertrauen, die in Konkurrenz zu anderen Währungen steht?

In der Währungskonkurrenz entscheiden die Geldnachfrager, also sie und ich, was wir als Geld verwenden wollen. Wir würden nur gutes Geld nachfragen, Geld also, das bestimmte Eigenschaften hat: Ein Geld, das zum Beispiel knapp, homogen, haltbar, transportabel und lagerfähig ist. Unsere Wahl würde vermutlich auf ein Sachgeld fallen wie Gold und Silber. Ein solches Geld hätte kein Vertrauensproblem – im Gegenteil.

Gibt es Beispiele für alternative Währungsformen, die neben dem staatlich verordneten Geld existieren?

Ja, der Währungswettbewerb hat bereits begonnen. Bitcoins zum Beispiel. Es handelt sich um eine digitale Einheit, die aus der Nachfrage nach einer besseren Geld-Alternative entstanden ist. Ein anderes Beispiel sind Gold und Silber. Diese Edelmetalle sind das beste Beispiel für Währung mit einem nicht-monetären Wert. Schließlich werden Gold und Silber zur Schmuckherstellung, Silber darüber hinaus auch zur Industrieproduktion eingesetzt. Mit ihrer Niedrigzinspolitik zerstören die Zentralbanken die Ersparnisse der Menschen und damit auch das langfristige Vertrauen in das ungedeckte Papiergeld. Vermutlich werden immer mehr Menschen ihr Ersparnisse in Edelmetallen halten. Schließlich funktioniert Gold schon seit 3.000 Jahren als Geld.

In Ihrem Buch erwähnen Sie die friedensstiftende Funktion des Geldes. Was meinen Sie damit?

Die Marktwirtschaft stiftet Frieden. Ein Beispiel: Ich habe Lust auf Obst, gehe zum Händler, kaufe einen Apfel und zahle ihm dafür einen Euro. Warum tue ich das? Weil für mich der Nutzen des Apfels größer ist als der des Euro. Der Händler sieht das genau umgekehrt: Für ihn ist der Euro, den er von mir bekommt, mehr wert als der Apfel. Tauschaktionen im freien Markt sind also für alle Beteiligten nutzenstiftend.

Und was hat das mit dem Weltfrieden zu tun?

Geld erleichtert das Tauschen und befördert die Arbeitsteilung. Es verbindet Menschen überall auf der Welt miteinander. Daher ist gutes Geld gewissermaßen ein Friedensprojekt. Das staatliche Zwangsgeld hingegen stellt die einen besser auf Kosten der anderen. Es begünstigt diejenige, die als erste an das neu geschaffene Geld gelangen und es nach Belieben ausgeben können – in unserem System ist das zum Beispiel der Finanzsektor. Wer das Geld aber zuletzt bekommt – also der Verbraucher – hat das Nachsehen und muss zu höheren Preisen einkaufen, da das Geld kontinuierlich an Wert verliert. Das schürt soziale Ungerechtigkeit.

Von: Svetlana Kerschner

Quelle: DAS INVESTMENT. 

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