Das Investment: So steht es um die Aktien

sjb_werbung_das_investment_300_200 SJB | Korschenbroich, 05.03.2014. Georg Graf von Wallwitz, Fondsmanager der Phaidros Funds und Geschäftsführer des Eyb & Wallwitz Vermögensmanagement, vergleicht den deutschen, italienischen und französischen Aktienmarkt. Obwohl die Kosmologie schon lange keine philosophische Disziplin mehr ist, sondern spätestens seit Newton (der einige ganz lausige philosophische Auffassungen vertrat) ganz den Physikern überlassen wurde, ist dort keine Ruhe eingekehrt.

Im Gegenteil, alle paar Jahre ändert sich die Mehrheitsmeinung über das Woher, das Wohin und den aktuellen den Zustand unserer Welt, was beim interessierten Laien die Vermutung nahe legt, dass es sich bei der Physik um eine nicht weniger spekulative Wissenschaft handelt als bei der Philosophie – nur die Vermarktung ist professioneller.

Der Physiker kann seine Meinung – sehr zum Neid der Philosophen – mit bunten Formeln ausrechnen und mathematisch begründen und hat dadurch einen unbestreitbaren Vorsprung an Seriosität.

Und so müssen wir auch die neueste Wendung in der Kosmologie äußerst ernst nehmen, wonach das Universum weder still steht (steady state), noch sich einfach nur ausweitet, sondern sich sogar dynamisch ausdehnt.

Diese Ausdehnung verdankt sich dem Einfluss einer bemerkenswerten Energie, welche den bislang für leer gehaltenen Raum in jeder seiner Ecken erfüllt, mit jeder Ausdehnung mehr wird und so für eine immer schnellere Ausdehnung sorgt. Der Raum dehnt sich und schafft sich selbst jene neue Energie, welche das Auseinanderdriften ehedem guter kosmischer Nachbarschaften forciert.

Die neueste Kosmologie kennt damit auch keinen leeren Raum mehr, sondern nur noch energiegeladene Existenz. Nicht nur aus philosophischer, sondern auch aus ökonomischer Perspektive können wir die Ausführungen der Physiker nur mit blankem Neid verfolgen.

Wachstum, welches sich selbst nicht nur füttert und erhält, sondern auch beschleunigt, wäre genau die Lösung aller irdisch-ökonomischer Probleme, welche die Welt derzeit plagen. Die globale (im Sinne von: irdische) Ökonomie kämpft ja mit nichts so sehr wie mit der Stagnation, ihr ist der Schwung abhandengekommen.

Die Leerstellen, die sie produziert, füllen sich derzeit nicht mit Energie (im wirtschaftlichen Kontext nimmt die Innovation diese Stelle ein), sondern sie bleiben leer, öde, dumpf. Die Beinahe-Zusammenbrüche von 2008 und 2011/12 haben nicht Mut gemacht, sondern Ratlosigkeit verbreitet.

Auch wenn das Ganze stagniert, so bewegen sich doch die Teile. Bleibt der Kuchen gleich groß, so muss der eine verlieren, was der andere gewinnt. Und um eher auf der Seite der Kuchengewinner zu stehen, ist der Blick auf die Geschäftsmodelle entscheidend. Nicht jede Firma sieht in einer solchen Marktphase gleich gut aus.

Vergleich der Aktienmärkte

Einen Hinweis auf das, was heute noch funktioniert, gibt ein Vergleich zwischen dem deutschen, französischen und italienischen Aktienmarkt. Lange Zeit haben sie sich etwa parallel bewegt, ähnlich wie der Entwicklung ihrer Volkswirtschaften. Seit dem Jahr 2009 gibt es aber eine deutliche Differenz. Während die Aktien sich in Italien kaum bewegt haben, sahen die Märkte in Deutschland und Frankreich eine satte Aufwärtsbewegung.

Sieht man sich nur die volkswirtschaftlichen Daten an, so müsste sich die Börse in Paris eher so bewegen wie die Mailänder als wie die Frankfurter Börse. Denn Frankreich stagniert etwa genauso wie Italien. Der Unterschied liegt in der Struktur der Aktienindizes.

Während in Mailand kaum noch Firmen notiert sind, die für den Weltmarkt produzieren, finden sich in Paris einige Global Player: Total, L’Oreal, LVMH, Danone, Airbus, Air Liquide, Axa, Sanofi, Michelin … um nur einige zu nennen.

Die Gewinne dieser Firmen hängen weit mehr an der Entwicklung der Weltkonjunktur als am französischen Markt. Daher sind sie weit weniger betroffen von der Malaise daheim.

Daraus lässt sich folgern, dass es normalerweise eine gute Idee ist, in Ländern zu investieren, in denen es einen funktionierenden Rechtsstaat gibt und marktwirtschaftliche Prinzipien. Wenig Korruption, einen effizienten Staat und eine gut ausgebildete Bevölkerung.

Nur in solchen Ländern hat der Aktionär eine reelle Chance, dass Firmen Geld erwirtschaften, welches auch bei den Eigentümern ankommt. Das engt das Universum, in welchem Investitionen dauerhaft sinnvoll sind, deutlich ein.

Ob das Geschäftsmodell nicht nur eines Landes, sondern auch einer Firma in Zukunft funktioniert, weiß man vorher nie, es kann immer etwas dazwischen kommen. Einem Unternehmen kann Konkurrenz erwachsen, es kann das Produkt obsolet werden, es kann das Management beschließen, das Unternehmen in einen Weltkonzern zu wandeln.

Ein Blick in die Vergangenheit

Aber der Blick in die Vergangenheit ist ein gewisser Indikator, ob das Unternehmen wenigstens bislang funktioniert hat – und dann kann man sich überlegen, ob man die Zukunftsaussichten für ähnlich rosig hält. Der Dax hat in den letzten 20 Jahren – ein in kosmischen Dimensionen kurzer, für unsere Zwecke aber hinreichender Zeitraum – um 7,3 Prozent pro Jahr zugelegt.

Damit hat er ein gutes Stück schlechter abgeschnitten als MDax (9,8 Prozent pro Jahr.) und Dow Jones (8,9 Prozent pro Jahr). In diesen Jahren haben ihn einige Mitglieder viel Kraft und Performance gekostet, wie etwa Epcos, Karstadt oder die Commerzbank.

Der MDax hat es insofern besser, als die Titel, die sich besonders stark entwickeln (und denen dann oft die Luft ausgeht), an den Dax weiter gereicht und ausgetauscht werden gegen Titel, die sich besonders schlecht entwickelt haben (und oft, wie zuletzt die Metro, viel Potenzial nach oben haben).

Der Dow Jones profitiert durch seinen Gewichtungsmechanismus von einem ähnlichen Effekt. Sehen wir uns den Dax an, so fällt auf, dass die Finanzwerte keine guten Investitionen waren. Die Commerzbank hat in den letzten 20 Jahren -8,3 Prozent pro Jahr verloren.

Die Deutsche Bank konnte lediglich um 2,9 Prozent pro Jahr zulegen, die Allianz um 3,0 pro Jahr. Das ist weniger als zweijährige Bundesanleihen im selben Zeitraum gebracht haben. Lediglich die Münchener Rück sieht etwas besser aus, mit 6,8 Prozent pro Jahr.

Bei den Finanztiteln liegt die Vermutung nahe, dass das Geschäftsmodell eher schwierig ist. Die Versorger haben ebenfalls schlecht abgeschlossen, RWE kommt nur auf 4,5 Prozent im Jahr. Die Baubranche war ebenfalls schwierig: Hochtief hat über 20 Jahre klägliche 3,4 Prozent im Jahr abgeworfen, Bilfinger immerhin 7,0 Prozent.

Besser als der Dax war hier aber niemand. Kapitalintensive Unternehmen wie Thyssen (später: Thyssenkrupp) und Lufthansa (immerhin 6,8 Prozent pro Jahr) konnten auch nicht richtig Freude machen. Das Geschäftsmodell von Daimler (mal „Weltkonzern“, mal auch „integrierter Technologiekonzern“ genannt) war ebenfalls fast nur für das Management lukrativ, während die Aktionäre weitgehend leer ausgingen.

Gut haben sich die anderen Autotitel geschlagen, auch wenn der größte Teil der guten Wertentwicklung (um 12 Prozent pro Jahr) aus den letzten vier Jahren stammt. Siemens war sehr volatil, hat aber immerhin 9,2 Prozent pro Jahr abgeworfen.

Worin das Geschäftsmodell von Siemens besteht, lässt sich aber nicht leicht sagen, in den letzten 20 Jahren hat der Konzern viel versucht und viel wieder sein gelassen.

Interessante Unternehmen

Interessant sind Unternehmen, die sowohl ein erkennbares Geschäftsmodell, als auch attraktive Renditen für die Aktionäre produziert haben. Henkel macht Kleber (Pritt) und Waschmittel (Persil und Schwarzkopf), was jeder versteht. Und die Aktie hat über 20 Jahre 13,9 Prozent im Jahr zugelegt.

Oder BASF, das sich bemüht, der größte und damit effizienteste und kostengünstigste Chemiekonzern der Welt zu sein. Die Aktie hat um 17,3 Prozent im Jahr zugelegt. Bayer, das lange nicht wusste, ob es eher ein Chemie-, oder eher ein Pharmaunternehmen ist, hat es immerhin noch auf 13,2 Prozent pro Jahr gebracht.

Das sind die Titel, die dem Dax zu seiner leidlichen Wertentwicklung verholfen haben. Das ganze lässt sich weiterspinnen. Hugo Boss (ebenfalls ein eindeutiges Geschäftsmodell, überschaubare Kapitalintensität und keine Selbstbedienung für das Management) hat über 20 Jahre 23,7 Prozent pro Jahr gebracht.

Amazon (dito) 39 Prozent im Jahr seit dem Börsengang (allerdings nur 11 Prozent pro Jahr seit der Jahrtausendwende). Nestle (+12,7 Prozent pro Jahr) und Roche (+10,8 Prozent im Jahr) sind ebenfalls hervorragend gelaufen. Der Blick in die Vergangenheit reicht natürlich nicht, um für die Zukunft trittsicher zu sein.

Aber etwas wird deutlich: Es sind weniger die glamourösen Unternehmen (Allianz, Daimler, Deutsche Bank), die dem Aktionär etwas bringen, sondern vielmehr diejenigen, die nicht mehr sein wollen, als sie sind.

Es hilft eine marktbeherrschende Stellung, welche die Konkurrenz klein hält (BASF, Henkel, Amazon); solides Management; Unabhängigkeit von staatlicher Regulierung (soweit das möglich ist – die Versorger jedenfalls büßen derzeit ihre Staatsnähe); und Teilhabe an der Entwicklung der Weltkonjunktur.

Das ist etwa der qualitative Filter, durch den ein Unternehmen kommen muss, um auf Dauer erfolgreich zu sein. Glück gehört übrigens auch noch dazu. Für solche Unternehmen ist es dann auch nicht wichtig, ob das Universum, in dem sie sich bewegen, stagniert oder expandiert. Sie finden immer ihren Weg. Sie sind die wahren Witwen- und Waisen-Papiere.

Von: Georg Graf von Wallwitz

Quelle: DAS INVESTMENT.

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