Die Entscheidung zwischen Aktien- und Rentenfonds gleicht der zwischen Sportwagen und Kombi, meint Vermögensverwalter André Bittner. Welche Mischfonds Bittner derzeit bevorzugt und was für ihn absolute K.O.-Kriterien sind.
DAS INVESTMENT: Die Asset Allokation gilt als Königsdisziplin und Kernaufgabe in der Vermögensverwaltung, bestimmt sie doch zu 80 Prozent die Rendite und sogar zu 95 Prozent das Risiko von Kundenportfolios. Kritiker sagen, dass Vermögensverwalter durch die Wahl von Mischfonds die Kontrolle über die Asset Allocation verlieren beziehungsweise diese bewusst an Dritte abgeben. Was ist Ihre Meinung dazu?
André Bittner: Diese Aussage setzt die Effizienz der Märkte voraus, die gerade im Umfeld der Finanzmarktkrise in Frage gestellt werden kann aber eigentlich nicht erst seit diesem Zeitpunkt, aber man kann zumindest sagen das Diversifikation die einzige Versicherung ist, die nichts kostet (free Lunch). Ob die 80 und 95 Prozent zutreffen kann diskutiert werden und ist aus unserer Sicht eher scheingenau.
Ob ein Vermögensverwalter oder Finanzberater die Kontrolle verliert, halte ich für fraglich, denn kann man die Märkte wirklich kontrollieren. Vielleicht entsteht gerade dadurch, dass die Aufgaben in mehreren erstklassigen Händen sind, unterschiedliche Risikomanagementsysteme Anwendung finden und verschiedene Investmentansätze kombiniert werden erst die Robustheit, die sich der Vermögensträger wünscht.
Warum Mischfonds, wenn reine Aktienfonds doch langfristig eine bessere Rendite erwarten lassen?
Bittner: Hier möchte ich mit einer Gegenfrage antworten: Warum Kombi und nicht Sportwagen? Weil der Sportwagen ohne Stau schneller ankommt, sollen aber Frau und drei Kinder mitfahren wird’s eng. Außerdem ist beim Vermögensträger noch die Risikoneigung und Risikotragfähigkeit zu beachten.
Wie lassen sich Mischfonds sinnvoll mit Aktien- und Rentenfonds (sowie mit Einzeltiteln) in Kundenportfolios kombinieren? Was sind hierbei die wichtigsten Überlegungen?
Bittner: Mischfonds werden ebenso wie gemischte Mandate eine gewisse Unschärfe mitbringen, können aber auch eine Managerdiversifikation und den atmenden Teil des Portfolios darstellen. Durch die Gesamtbetrachtung der Vermögenssteuerung und die Betrachtung der Anlagerichtlinien sowie idealerweise durch den Kontakt zum Fondsmanagement.
Bevor zu sehr mit Einzeltiteln hantiert wird, kann auch außerhalb des Depots nach Ineffizienzen gesucht werden und einen neuen Ansatz für eine Absolut Return Strategie des Gesamtvermögens zu entwickeln.
Wodurch muss sich ein Mischfonds auszeichnen, um den Weg in Ihre Kundenportfolios zu finden? Und andersherum: Welche Merkmale führen zum Ausschluss eines Mischfonds? Achten Sie auf die Korrelation einzelner Mischfonds zueinander?
Bittner: Durch ein klares Profil und klare Anlagerichtlinien. Die Korrelation von Mischfonds zueinander ist sicher eine interessante Momentaufnahme, allerdings langfristig kaum aussagekräftig, da hier die Änderung in der Portfolio Allocation Auswirkungen auf die Korrelation hat, somit wenig als Planungsinstrument geeignet ist.
Ungedeckte Short-Positionen sind für uns ein Ausschlusskriterium für Mischfonds und Vermögensverwalter, denn so steigt das Risiko komplett auf der falschen Seite zu stehen, wie in den Jahren 2008/2009 von einem Marktteilnehmer (Vermögensverwalter und Fondsmanager) anschaulich gezeigt. Weitere Kriterien sind risikoadjustierte Rendite, Sharpe Ratio, Torment Ratio, Draw down und so weiter.
Die aktuelle Diskussion diskretes Mandat oder Mischfonds ist aus unserer Sicht eher eine Nebelkerze ohne transparenten Vergleich am Ende ist doch entscheidend was hinten raus komm“ unter Risiko und Ertragsgesichtspunkten. Die letzten fast 30 Jahre haben mich gelehrt, dass Pauschalaussagen niemals sinnvoll sind und oft von mangelnder Leistung ablenken sollen.
Welche konkreten Mischfonds stehen bei Ihnen aktuell ganz oben auf der Liste?
Bittner: Keiner steht bei uns ganz oben, denn wer sich in eine Anlage verliebt hat verloren! Aber zwei Beispiele von Mischfonds, die wir schon länger in einigen Portfolios haben sind der Acatis Gané und der First Private Wealth, die es beide in einer institutionellen Tranche gibt.
Laut BVI-Statistik ist haben Mischfonds bereits einen Marktanteil von 24 Prozent erreicht und mittlerweile Rentenfonds überholt. Worauf führen Sie diesen Trend zurück, wie lange wird er weitergehen und wohin wird er führen?
Bittner: Hier würde ich sagen Glück gehabt, denn so hat der Privatanleger nicht das volle Zinsänderungsrisiko zu fürchten und einen Anteil im Sachwert Aktie, ohne sich selbst um das Management zu kümmern. Da wir in Deutschland keine Aktienkultur haben und diese auf Sicht auch nicht bekommen, ist dieser Schritt kein Fehler. Der Anleger erwartet, dass der Fondsmanager bei Marktveränderungen das Richtige tut – manchmal jedoch vergeblich.
Einige können es jedoch und haben dies auch bei genauerer Betrachtung über unterschiedliche Zyklen bewiesen. Wie die Akteure in Zukunft mit Änderungen der Zinsseite und der Aktienauswahl umgehen und welche Renditequellen erschlossen werden, sollte man sich genauer ansehen.
In der Praxis zeigt sich im Vergleich häufig, dass gute Mischfonds diskretionären Mandaten ebenbürtig sind und den Vergleich nicht scheuen müssen. Erfolgreiche Vermögensverwalter setzten für Teilbereiche Ihrer Depots selbst Wertpapierfonds ein, um diese Teilbereiche von den fähigsten Kollegen managen zu lassen. Zudem würde die Aussage zu den individuellen Mandaten jedes Family Office Lügen strafen, denn auch hier haben sich die einzelnen Vermögensverwalter übergeordneten Anlagerichtlinien und Guide Lines zu unterwerfen und müssen ihren Job machen (unter dem Gesichtspunkt eines strukturierten Investmentprozess, ohne das die Gesamtallokation und gesamt Risikosteuerung beim einzelnen Vermögensverwalter liegt).
Selbst das Argument, dass manche Mischfonds zwischen null und 100 Prozent Aktienquote entscheiden können, muss nicht zwingend ein K.O.-Kriterium sein, managt der Fondsmanager doch aus seiner Sicht nur ein Depot und kann innerhalb der Anlagerichtlinien und des Investmentprozesses frei entscheiden, schnell reagieren und Absicherungen flexibel und kostengünstig einsetzen. Wenn dieser Fonds 10 Prozent der Gesamtallokation beim Kunden ausmacht, ändert sich die Aktienquote um maximal 10 Prozent.
Aus dem Blickwinkel der mittleren Aktienquote von zum Beispiel 50 Prozent auf Fondsebene entspricht dies bei eine 10 Prozent Depotanteil einer Abweichung von Plusminus 5 Prozent. Somit kommt bei einer Beimischung von flexiblen Fonds, bei entsprechend maximaler Dotierung je Fonds, eine gegebenenfalls sinnvolle Flexibilität ins Depot, wenn mehr als einer dieser flexiblen Fonds ins Depot aufgenommen wird, kann ein Mangerhedge entstehen, ähnlich wie auf der Währungsseite. Zudem lassen sich verschiedene Risikomanagement Ansätze schon bei kleineren Vermögen kombinieren.
Flaggschiff-Fonds oder kleine Mischfonds-Perlen: Welche Rolle spielt die Fondsgröße bei der Portfolio-Qualität?
Bittner: Je nach Anlageuniversum spielt die Größe schon eine Rolle bei unserer Entscheidung. Wichtiger ist uns jedoch der Track Rekord des Managers nicht nur bei dem zur Entscheidung stehenden Fonds sowie eine Risiko- und Performance Beitragsanalyse (Attributionsanalyse).
Es macht aber keinen Sinn den Fonds auszutauschen, nur weil aus einer Perle ein Flaggschiff wird. Hier entscheidet das Anlageuniversum neben weiteren qualitativen Kriterien. Allerdings macht es für uns Sinn nach Perlen Ausschau zu halten, um bei einzelnen Anlageentscheidungen diese auch Performance relevant im Fonds umgesetzt zu sehen.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.