Durch die jüngsten Entwürfe des Finanzministeriums zum Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dürfte das Provisionsabgabeverbot endgültig abgeschafft werden.
Zu Recht? Hans-Georg Jenssen, Geschäftsführer beim Verband Deutscher Versicherungs-Makler (VDVM), bezieht Stellung.
DAS INVESTMENT.com: Was war der Sinn des Provisionsabgabeverbots? Wozu wurde es eingeführt und wie trug er zum Verbraucherschutz bei?
Hans-Georg Jenssen: Das Provisionsabgabeverbot diente dem Schutz des Verbrauchers, weil damit verhindert werden sollte, dass die Entscheidung für ein Versicherungsprodukt allein danach getroffen wird, wie hoch der Rabatt des Versicherungsvermittlers ist. Es sollte auch verhindert werden, dass sich die Versicherungsvermittler gegenseitig unterbieten und so der Wert einer Beratungsleistung nicht mehr richtig erkannt wird. Andere Berufsgruppen kennen ähnliche Regeln, zum Beispiel Anwälte, die auch nicht so ohne weiteres die gesetzlichen Gebühren unterschreiten dürfen.
Benachteiligt das Provisionsabgabeverbot die Versicherungsvermittler, weil es für Versicherungen, nicht aber Fonds und Finanzprodukte gilt?
Jenssen: Eine Benachteiligung der Versicherungsvermittler durch ein Provisionsabgabeverbot im Gegensatz zu Finanzanlagenvermittlern dürfte eher nicht gegeben sein, weil die Märkte und Produkte doch noch zu unterschiedlich sind.
Das Provisionsabgabeverbot ist praktisch schon tot. Es besteht zwar auf dem Papier, die Verstöße werden aber von der Bafin nicht verfolgt. Ist eine Abschaffung vor diesem Hintergrund nicht ein logischer Schritt?
Jenssen: Die Frage ist, ob das Provisionsabgabeverbot noch in die heutige Zeit passt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Provisionsabgabeverbot in weiten Bereichen der Versicherungsvermittlung bereits faktisch außer Kraft gesetzt wurde, ohne dass der Markt dadurch zusammengebrochen wäre. Man könnte also deutlich mutiger sein und das Provisionsabgabeverbot endgültig beerdigen.
Das würde aber nicht dazu führen, dass wir dann praktisch keinerlei Regeln mehr hätten. Vielmehr sind andere Regeln notwendig. Hierzu gehört zum Beispiel, dass deutlich herausgestellt wird , dass eine Provisionsbeteiligung eines Kunden das Produkt verbilligt und er sich zum Beispiel als angestellter Geschäftsführer die Provisionsabgabe nicht einfach in die eigene Tasche stecken darf. Sicherlich wäre es auch notwendig, bei einer Provisionsbeteiligung des Kunden einen schriftlichen Vertrag der Parteien zu fordern, damit insbesondere steuerliche Fragen klar und deutlich adressiert werden können. Schließlich wäre in einem schriftlichen Vertrag bei einer Provisionsabgabe auch zu regeln, dass der Kunde natürlich auch an der Stornohaftungsregelung beteiligt wäre, wenn er den Lebensversicherungsvertrag stornieren sollte.
Diese Punkte zeigen auf, dass zwischen einer Provisionsabgabe und einer echten Honorarvereinbarung eben immer noch Welten liegen.
Von: Svetlana Kerschner
Quelle: DAS INVESTMENT.