Das schleppende Geschäft der deutschen Assekuranz schlägt auf ihre Vertriebspartner durch: „Die Vermittlungsvergütungen in der Versicherungswirtschaft stehen unter starkem Druck“, heißt es in einem aktuellen ifo-Branchenbericht. Deutschlands Finanzvertriebe reagieren mit dem Suchen neuer Berater.
„Im Jahr 2016 müssen die selbständigen Versicherungsvermittler erneut mit insgesamt sinkenden Provisionsumsätzen rechnen“ heißt es in einem vom ifo Institut erstellten Branchenbericht, den der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) aktuell herausgegeben hat. „Im Fahrwasser des härter werdenden Wettbewerbs bei einer nur langsam wachsenden Nachfrage und schrumpfenden Kapitalerträge der Versicherer dürften die Provisionen in 2015 ebenfalls nachgegeben haben.“
Das Problem besteht nach BVR-Angaben darin, dass die Beitragseinnahmen der Versicherer kaum noch wachsen: Den jüngsten Daten des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft zufolge sind sie im vorigen Jahr lediglich um rund 1 Prozent auf knapp 194 Milliarden Euro gestiegen. Zum Vergleich: 2013 und 2014 lag der Zuwachs noch bei jeweils rund 3 Prozent. Dabei standen steigende Einnahmen bei Schaden- und Unfallversicherungen sowie der PKV rückläufigen Einnahmen bei Lebensversicherungen gegenüber.
„In 2016 ist von einer weiteren Verlangsamung des Beitragswachstums auszugehen“, prognostiziert der BVR. Mit dem immer schwächer werdenden Abschlusszahlen im Versicherungsvertrieb sinkt auch die Zahl der registrierten Versicherungsvermittler hierzulande immer weiter: Nach mehr als 260.000 vor fünf Jahren sind es inzwischen nur noch rund 230.000 Registrierungen im Versicherungsvermittlerregister des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Tendenz fallend.
Das planen die großen Finanzvertriebe
Während die gesamte Branche mit großen Veränderungen hinsichtlich Digitalisierung, Regulierung und demographischer Entwicklung konfrontiert sei, ist „der auf Provisionswachstum angelegte Versicherungsvertrieb besonders betroffen“, heißt es vom BVR. „Um im stark umkämpften Markt wettbewerbsfähig bleiben zu können, müssen sowohl die Versicherungsunternehmen als auch die Vermittlerbetriebe eine konsequente Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle auf die Erfordernisse der vernetzten Welt vornehmen.“
Neben dem Umsetzen einer Digitalisierungsstrategie und dem Verbreitern der Umsatzbasis zählt nach Meinung vieler Branchenkenner auch das Gewinnen neuer Berater zur Zukunftsstrategie von Finanzvertrieben. Wie ihre Aktivitäten hierzu konkret aussehen und wie sich die Zahl ihrer Vermittler zuletzt entwickelt hat, haben wir die wichtigsten Anbieter am Beratermarkt gefragt. Die Antworten der teilnehmenden Unternehmensvertreter lesen Sie auf den folgenden Seiten.Neue
Berater wichtig für erfolgreiche Entwicklung
Hans-Theo Franken: Im Jahr 2015 konnten wir rund 1.300 hauptberufliche Vermögensberater gewinnen, das macht uns sehr stolz und daran möchten wir in 2016 anknüpfen.
Selbstverständlich ist Wachstum und die Aufnahme von neuen Vermögensberatern in unsere Berufsgemeinschaft ein wichtiger Aspekt für eine erfolgreiche Entwicklung. Aus diesem Grund stand das Jahr 2015 für uns im Zeichen des „Berufs der Vermögensberater“. Mit einer Vielzahl an Maßnahmen, intern wie extern, haben wir die Wertigkeit dieses Berufs verdeutlicht und unsere Vertriebskraft weiter ausgebaut. Daran wollen wir in diesem und den kommenden Jahren anknüpfen.
Eine große Rolle bei der Gewinnung neuer Vermögensberater spielt auch unser Studienangebot in Kooperation mit der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW). Die Zugehörigkeit in einer einmaligen und starken Berufsgemeinschaft und überzeugende Leistungen, die weit über die Zahlung von Provisionen hinausgehen, sind für uns selbstverständlich.
Wir bieten unseren Vermögensberatern eine berufliche Heimat, bei der die Werte menschlich, leistungsorientiert und stark gelebt werden. Gerade für Mitarbeiter von Banken, die bekanntermaßen ihr Geschäftsstellennetz ausdünnen, sind wir eine attraktive Adresse.
„Wir möchten bei der Beratergewinnung zulegen“
Dirk Bohsem: Die Zahl der Vermittler sinkt marktweit seit Jahren; die Konsolidierung nimmt hier weiter Fahrt auf. Hier sieht man, wie unter anderem durch das LVRG zunehmend kleine Anbieter und solche, die weniger Qualität liefern, unter Druck geraten.
Bei MLP stieg die Beraterzahl im Schlussquartal 2015 von 1.914 auf 1.935. Damit ist die Beraterzahl zwei Quartale in Folge leicht gewachsen und die im zweiten Quartal 2015 initiierten Maßnahmen zur Beratergewinnung beginnen zu greifen. Das sieht man auch daran, dass die Zahl der Bewerber im abgelaufenen Jahr um 47 Prozent gestiegen ist.
Wir möchten bei der Beratergewinnung an die positiven Signalen zum Jahresende 2015 anknüpfen und 2016 weiter zulegen – immer vorausgesetzt, dass die Qualität der Bewerber stimmt. Unser neues Paket aus Zuschüssen und Weiterbildungsprämie, das neuen Beratern den Einstieg in die Selbständigkeit deutlich erleichtert, wird bisher gut akzeptiert. Darüber hinaus werden wir auch 2016 neue Geschäftsstellen im Hochschulsegment gründen, unsere Recruiting-Aktivitäten weiter hochfahren und zudem gemeinsam mit der Steinbeis School of Management and Innovation einen Master-Studiengang für MLP-Berater anbieten.
„Wichtiger Beitrag für die Gesellschaft“
Matthias Wald: Die Aufgabe, Menschen bei der Absicherung ihres Lebens qualifiziert zu beraten, ist ein wichtiger Beitrag für die Gesellschaft. Gleichzeitig ist der Beruf des Finanzberaters bei den geltenden Markt- und Regulierungsbedingungen herausfordernd. Die Erfüllung sämtlicher Auflagen, regelmäßige Aus- und Weiterbildungsaktivitäten oder eine stets intakte IT-Landschaft mit integrierten Anwendungen und innovativen Digitalisierungsangeboten sind Anforderungen, die eine hohe Investitionsbereitschaft voraussetzen. So war und ist eine Entwicklung dahingehend zu beobachten, dass sich qualifizierte Berater in kleineren und mittelständischen Vertrieben verstärkt mit organisatorischen und administrativen Pflichtaufgaben beschäftigen, anstatt sich ihrem Kerngeschäft zu widmen und der Konsolidierungstrend in der Branche ist weiterhin feststellbar. Von diesem Trend profitieren wir: Erfreulicherweise verzeichnen wir bereits seit Anfang letzten Jahres stetiges organisches Wachstum.
Organisches Wachstum ist auch für unsere Vertriebe ein Hauptaspekt. Mit Blick auf die Marktbedingungen und Regulierungsanforderungen kommt es dabei auf die Gewinnung qualifizierter Berater an. Da wir mit unserer Fachabteilung Aus- und Weiterbildung einen eigenen, aktiven Kompetenzbereich im Haus haben, der sich auch intensiv um die Betreuung und Begleitung unserer Auszubildenden im Bereich Kaufmann beziehungsweise Kauffrau für Versicherungen und Finanzen kümmert, haben wir eine Ausbildungsoffensive in unseren vier Vertrieben ausgerufen. Unser Ziel ist es, im Ausbildungsjahr 2016/17 deutschlandweit bis zu 200 Ausbildungsplätze zu besetzen.
„Qualität unseres Teams steht im Fokus“
Edgar Salzmann: Wir sind zunächst einmal froh, dass die Zahl unserer Finanzberater stabil geblieben ist. Wir konnten uns mit rund 3.000 Beraterinnen und Beratern in einem anspruchsvollen Markt gut behaupten.
Für uns zählt weniger die Quantität. Die Qualität unseres Teams steht im Fokus. Es ist heute nicht leicht, gute Beraterinnen und Berater zu gewinnen und sie dann auch zu halten.
Dafür gibt es viele Gründe, zum Beispiel die permanent wachsenden regulatorischen Anforderungen durch den Gesetzgeber. Auch die Kunden stellen zu Recht hohe Anforderungen an die Beratungsqualität und an das Fachwissen ihres Finanzberaters.
Daher legen wir großen Wert auf die Auswahl unserer Vermittler. Um diese Berater zu binden und zu fördern, gewinnen Schulungen und fachliche Unterstützung zunehmend an Bedeutung.
„Berater und Franchise-Nehmer Treiber für Wachstum“
Stephan Gawarecki: Wir erleben auch den Trend, dass sich Vermittler nicht an die Marktbedingungen anpassen wollen. Insofern haben wir auch in den letzten Jahren einen leichten Vermittlerrückgang erfahren. Allerdings ist auch zu erkennen, dass Vermittler, die sich mitentwickelt haben, keine Umsatz- und Gewinneinbußen haben. Vielmehr werden fortschrittliche Vermittler am Markt gesucht. Und das nicht nur von Vertrieben, sondern besonders von Kunden. Eine Bereinigung des Marktes hin zu mehr Professionalität sehen wir insofern sehr positiv.
Der Aufbau von Beratern und Franchise-Nehmern ist ein maßgeblicher Treiber unserer Wachstumsstrategie. Wir unterscheiden hier zwischen unseren Niederlassungen und unserem Franchise-Vertrieb. In unseren Niederlassungen arbeiten wir mit angestellten Beratern. Diese arbeiten Hand in Hand mit unseren angestellten Beratern aus dem Bereich Baufinanzierung in einem Standort. Der Kunde steht im Fokus. Beide Berater aus den jeweiligen Bereichen Finanzierung und Versicherung schneidern für den Kunden ein ganzheitliches Konzept nach Maß. Selbiges Modell leben wir auch bei unseren Franchise-Partnern. Auch hier soll an einem Standort alles durch die jeweiligen Spezialisten beraten werden. Historisch bedingt haben wir sehr viele Baufinanzierungspartner. Für die Partner, die noch keinen Versicherungsspezialisten am Standort haben, suchen wir gezielt einen passenden Experten. So erfolgt ein visionsorientiertes Wachstum – aber nicht um jeden Preis. Wir schauen uns die Berater ganz genau an. Sie müssen zu unserem hohen Qualitätsanspruch passen.
„Neue Vertriebspartner Grundlage unseres Geschäfts“
Martin Lütkehaus: Unsere Vertriebsstruktur zeichnet sich durch eine ausgesprochen hohe Vermittlerloyalität aus. Altersbedingt haben wir aktuell einen deutlichen Rückgang bei den Vermittlerzahlen zu verzeichnen. Im Rahmen unserer vertrieblichen Qualfizierungsoffensive haben wir uns aber auch aktiv von unproduktiven Vermittlern getrennt.
Grundlage unseres Geschäftsmodells ist die Akquisition neuer Vertriebspartner. Hier investieren wir aktuell besonders in werbliche Maßnahmen vor dem Hintergrund der „Bankenflucht“ aus dem ländlichen Raum, wo wir als Bankvertrieb eine hervorragende Alternative für qualifizierte Bankkaufleute darstellen.
Bonnfinanz versteht sich als Bankervertrieb. Wir haben uns bereits in den 1990er Jahren auf diese Zielgruppe spezialisiert und bieten adäquate Einstiegs- und Ausbildungskonzepte. In der Ansprache der Zielgruppe arbeitet Bonnfinanz sowohl mit externen als auch mit eigenen Personalberatern zusammen. Daneben setzt Bonnfinanz auf Jobanzeigen und eine eigene Online-Stellenbörsen, die aktiv platziert wird.
„Zentraler Punkt für zukünftiges Wachstum“
Michael Heinze: Wir verzeichnen ein zwar langsameres, aber immer noch organisches Wachstum bei der Zahl der Vertriebspartner. Natürlich ist die Gewinnung neuer Berater ein zentraler Punkt für zukünftiges Wachstum.
Wir sehen uns hier als einen interessanten und verlässlichen Partner für diejenigen, welche das Geschäftsmodell der ganzheitlichen Beratung verstehen und entsprechend verantwortungsvoll im Sinne der Kunden agieren möchten. Die Tatsache, dass wir stetig neue Vertriebspartner für uns gewinnen können, zeigt dass wir auf einem guten Weg sind.
Provisionsunabhängige Festbezüge für Trainees
Franz-Josef Rosemeyer: Auch wir hatten in 2014 bis Mitte 2015 eine Seitwärtsbewegung in unserer Beraterzahl. Seit Mitte 2015 verzeichnen wir nach Einführung eines deutlich verbesserten Einstiegsvergütungs-Modells wieder Zuwächse. Stolz sind wir ganz besonders auf unser mehrfach ausgezeichnetes Traineeprogramm.
Die Nachwuchsgewinnung ist auch bei A.S.I. ein wichtiges Thema. Wir investieren viel Energie und auch Geld, um kluge und engagierte junge Menschen für uns und den Beruf des Wirtschaftsberaters zu begeistern. Wir sind bei regionalen und nationalen Messen und Informationsveranstaltungen und führen regelmäßig Seminare für Interessenten durch.
Im Zentrum steht das Traineeprogramm. In 24 Monaten lernen die Trainees zunächst intensiv für die IHK-Prüfung zum Versicherungsfachmann. Begleitet von regelmäßigen Weiterbildungsmaßnahmen geht es für die Trainees dann in eine der mehr als 30 Geschäftsstellen, wo sie unter Führung eines Mentors und unterstützt von den Kollegen vor Ort Schritt für Schritt auf dem Weg in die selbständige Wirtschaftsberatung begleitet werden. Während der Ausbildung erhalten sie nennenswerte provisionsunabhängige Festbezüge. So wird gerade das Risiko der Startphase durch uns sehr stark abgemildert.
Von: Christian Hilmes
Quelle: DAS INVESTMENT.