Das Investment: Ethik- und Regulierungsschulungen, kein Provisionsverbot: So funktioniert die IDD in Singapur

sjb_werbung_das_investment_300_200SJB | Korschenbroich, 12.08.2015. In Europa ist die Versicherungs- und Finanzrichtlinie IDD noch in Arbeit, in Singapur ist sie schon längst Realität. Wie die Richtlinie in Asien funktioniert und welche Qualifikationen Berater im Stadtstaat mitbringen müssen, erläutert Christian Eidherr, Manager bei Synpulse Management Consulting.Die “Insurance Distribution Directive” der Republic of Singapore

Singapur hat sich in den letzten Jahren als regionaler und globaler Vermögensverwalter zunehmend etabliert. Das hochentwickelte, kleine Land untersuchte vor der derzeitigen Einführung des Financial Advisory Industry Review (FAIR), der neuen Richtlinie für Versicherungs- und Finanzprodukt-vermittler, weltweit verschiedene Best-Practise-Regelungen, u.a. in Asien, Australien und Europa. Dabei lehnte sich das Land insbesondere an die europäische Insurance Distribution Directive (IDD) an.

FAIR zielt ähnlich wie die europäischen Regelungen auf eine Verbesserung der Sicherheit und Transparenz für den Kunden ab und will Effizienzverbesserungen beim Vertrieb von Versicherungs- und Investmentprodukten sowie insgesamt eine hohe Stabilität des Singapurer Finanzmarktes erreichen.

Hauptpunkte des FAIR im Vergleich zur IDD

Genauso wie die IDD legt auch die FAIR-Richtlinie einen Schwerpunkt auf die Aus- und Weiterbildung der Berater. Als Eintrittsqualifikation müssen diese mindestens ein Fachabitur mitbringen und sich kontinuierlich weiterbilden. Pro Jahr werden 30 Stunden vorgeschrieben. Nicht nur fachliche und produktbezogene Weiterbildung sind verpflichtend, sondern auch 4 Stunden Ethikausbildung pro Jahr und 8 Stunden zum Thema Regulierung. Die IDD hingegen schreibt den Versicherungsvermittlern zwar auch einen Kompetenznachweis und kontinuierliche Weiterbildung im Mindestausmaß von 15 Stunden im Jahr vor, die genauen Fortbildungskriterien werden jedoch derweil noch von den EU-Mitgliedsstaaten festzulegen sein.

Financial Advisors müssen statt 3 mindestens 5 Jahre eine erfolgreiche Finanzberatung aufweisen und Financial-Advisor-Firmen ein Mindestgrundkapital von 500.000 Singapore Dollar mitbringen, wenn sie Geschäfte abschließen wollen. Bei reiner Beratung reichen 250.000. Künftige Chefs müssen sogar 10 Jahre vorweisen, davon 5 in leitender Funktion.

Provisionsverbot fallengelassen

Die Verhinderung von Interessenskonflikten ist in der EU wie auch in Singapur ein zentrales Thema. FAIR beschränkt die Nebentätigkeit aller Angestellten von Financial Advisern. In der EU sowie in Singapur wurde überlegt, ein Provisionsverbot für unabhängige Berater umzusetzen. Im ersten IDD-Entwurf war ein Verbot enthalten, welches in den folgenden Überarbeitungen entfallen ist. Das FAIR-Gremium entschied sich auch gegen ein Provisionsverbot.

Um dem Kunden eine kostengünstige Variante zur Verfügung zu stellen, führte man stattdessen für alle Anbieter verpflichtend eine Direkt-Versicherung ein. Dabei müssen von den Versicherungsunternehmen verschiedene Lebensversicherungs-Basis-Produkte über einen Direktkanal ohne zusätzliche Beratung angeboten werden. So fällt keine Provision an, sondern lediglich eine Verwaltungsgebühr. Damit will die MAS der Unterversicherung in Singapur entgegenwirken und auch ärmeren bzw. preisbewussten Bevölkerungsteilen eine Grundabsicherung ermöglichen.

Sowohl die EU als auch Singapur verfolgen in ihren Regelwerken die Einführung von Transparenzvorschriften. Die EU-Kommission legte fest, dass keine umfassenden Offenlegungspflichten für Vermittlungsvergütungen anzuwenden sind. Nur über die Art und Quelle der Vermittlungsvergütung muss berichtet werden. Ausschließlich bei anlagebasierten Versicherungsprodukten, wie fondsgebundene Lebensversicherungen, muss die exakte Provision offengelegt werden.

Beipackzettel in Planung

Singapur erarbeitet zurzeit die Details ihrer Transparenzverpflichtung und tendiert – ähnlich der EU – zur Einführung eines Produktinformationsblattes und Ausweisung des Gesamtkostenaufschlags in der Angebotsbeschreibung. Im Falle von Bündelprodukten (z.B. einer fondsgebundene Lebensversicherung) soll der Kunde deutlich darauf hingewiesen werden, dass er die Bestandteile auch einzeln erwerben kann (z.B. Risikoversicherung beim Versicherer und das Investment bei einer Fondsgesellschaft).

Alle Anbieter werden verpflichtet, ihre Produkte und deren Inhalte einem „Web Aggregator“ zu melden, der unter dem Namen „compareFIRST“ von der Consumer Association of Singapore betrieben wird. Dies ist eine professionelle Plattform, die allen Verbraucher in standardisierter Form, sämtliche Produktbeschreibungen von Lebensversicherungen und Investmentprodukten zum Vergleich zugänglich macht.

Neu wird auch die Einführung von „ Balanced Scorecards“ sein, um sogenannte Non-Sales Key Performance Indicators (KPIs) in die Vergütungsstrukturen der Anbieter einfließen zu lassen. So wird beispielsweise durch „Sales-Audits“ und „Mistery-Shoping“ festgestellt, ob der Vermittler die Kundenbedürfnisse richtig verstanden und Produktempfehlungen auf die Bedürfnisse zugeschnitten hat beziehungsweise ausreichende Informationen vor Vertragsabschluss gegeben sowie professionelle und ethische Standards eingehalten hat. Bei Feststellung von Verstößen kann die Provision des Vermittlers nachträglich bis auf „null“ gekürzt werden, abhängig vom Grad und der Anzahl der Verfehlungen.

FAIR ist fortschrittlich hinsichtlich des Verbraucherschutzes

Die IDD fokussiert sich auf den Schutz des Verbrauchers und das Kundenvertrauen durch die verpflichtende Bereitstellung von Informationen. Mit den Regelungen des FAIR geht Singapur nun auch dazu über, die Interessen der Konsumenten stärker zu schützen. Singapur geht es vor allem um eine Korrektur gesellschaftlich nicht gewünschter Entwicklungen und die Schaffung von mehr Transparenz und Sicherheit zum Wohl der Konsumenten.

Dort wird jedoch stärker in den Markt eingegriffen, als dies durch eine IDD in Europa zu erwarten ist – vor allem durch die Verpflichtungen zum Eintrag der Produkte in den Web Aggregator, das verpflichtende Basis-Angebot von Direktversicherungen und die Einführung von Balanced Scorecards. Europa könnten sich zum Schutz der Verbraucher hier umgekehrt ein Beispiel an einigen innovativen Regelungen des FAIR von Singapur nehmen.

Von: Christian Eidherr

Quelle: DAS INVESTMENT.

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