Das Investment: Disruptives Investment: Warum Energiekosten auf null sinken könnten

SJB | Korschenbroich, 30.08.2021.

Täglich werden Berichte über die Energiezukunft, über Peak Oil oder die Grüne Wende veröffentlicht. Gemeinsamer Nenner ist oftmals, dass der Energiepreis bis zum Jahr 2030 steigen wird und wir uns zur „Null-Emissions-Gesellschaft“ im Jahr 2050 entwickeln werden. In einigen dieser Berichte steigt der Energiepreis stark, manchmal aber nur wenig. Was ist, wenn wir völlig falsch denken?

Was ist, wenn die Energiepreise und -kosten sinken und nicht steigen? Was ist, wenn die Produktionskosten für Energie gegen Null gehen? Können alle Berichte so falsch sein? Könnte sein!

Beginnen wir mit einem kleinen Solarkraftwerk von 10 MWp, das derzeit in einem europäischen Land gebaut wird. Bei 1.400 Sonnenstunden im Jahr produziert die Anlage genug Strom für 3.000 Haushalte. Mit rund 40.000 Solarmodulen umfasst sie 12 bis 15 Fußballfeldern. Die Standardgarantie für die Solarmodule beträgt 20 bis 25 Jahre Lebensdauer und maximal 20 Prozent Leistungsreduzierung. Zur Vereinfachung hat das Werk einen unbefristeten Vertrag von 20 Jahren mit einem Großkunden. Wie sieht eine solche Anlage finanziell aus?

Das Finanzprofil eines Solarparks besteht hauptsächlich aus hohen Investitionen in die Anlage. Zuerst der Bau im Jahr 0, dann Abschreibung über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren mit Rückzahlung von Darlehen und Zinsen. Solarparks haben keine beweglichen Teile, was bedeutet, dass die Wartung oft mit dem Austauschen von Drähten und Sicherungen, dem Mähen von Gras und dem Waschen von Paneelen verbunden ist. Wechselrichter müssen nach zehn Jahren ausgetauscht werden, und Batterien für die Zwischenspeicherung werden mit der Zeit schwächer. Hinzu kommen Verwaltungskosten im Zusammenhang mit Versicherungen, Grundmieten, Sicherheiten, Wirtschaftsprüfern und Steuern.

Mit einer heute zu 100 Prozent getätigten Investition wird die Anlage irgendwann zwischen 2035 und 2040 zurückgezahlt sein. Die also vollständig abgeschriebene Anlage hat den Eigentümern zusätzlich eine schöne Eigenkapitalrendite von 5 bis 12 Prozent beschert. Was passiert dann?

Empirische Daten zeigen, dass die Wirkung auf die Solarzelle um 10 Prozent und nicht um 20 Prozent gesunken ist – und genau hier sind wir beim Kern. Was ist, wenn die Investition 40 Jahre lebt und nicht 20 Jahre? Ein Solarpanel mit splitterfreiem Glas und Qualität auf der Rückseite kann theoretisch noch lange, wahrscheinlich über 50 Jahre, Energie produzieren. Darüber hinaus ist der Inputfaktor Solar eine erneuerbare und kostenlose Ressource. Vom Jahr 2035 bis zur Null-Emissions-Gesellschaft im Jahr 2050 wird unsere Kleinanlage also neben den subventionierten norwegischen Wasserkraftwerken die billigste Kilowattstunde der Welt produzieren. Die einzigen Kosten sind Wartungs- und Verwaltungskosten.

Vervierfachung der jährlichen Installation ab 2020

Diese kleine Anlage allein wird den Systempreis nicht beeinflussen können. Es ist nur möglich, die Energiekosten auf null zu senken, und dass die Gesamtstromproduktion preisbildend wird, wenn die Solarenergie einen hohen Anteil hat. Die Frage ist, kann Solarenergie diesen wirklich erreichen?

Heute macht Sonnenenergie etwas mehr als 2 Prozent des weltweiten Stroms aus. Sie ist unbedeutend. Der Strom aus Wind und Sonne soll von 8 Prozent im Jahr 2019 auf 30 Prozent im Jahr 2030 steigen, wovon mehr als die Hälfte auf Solarenergie entfällt. Bis 2030 erwarten wir große Veränderungen bei der jährlichen Installation von Solarkraftwerken. Laut dem vieldiskutierten Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA, „Net Zero bis 2050“) soll die Weltgemeinschaft bis 2030 jährlich 630 GWh installieren. Dies entspricht einer Vervierfachung der jährlichen Installation ab 2020 und einer leichten Änderung des Tempos von 2010 bis 2020, als die jährlichen Installationen sich verdreifacht haben.

Bis 2030 könnten Solarenergie fast 20 Prozent der Produktion ausmachen und bis 2050 könnten 90 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen, so die IEA. In den meisten Ländern ist es jetzt am günstigsten, eine neue Kilowattstunde durch die Installation von Solarmodulen zu produzieren, und es wird stetig billiger. Das US-Energieministerium hatte Ende März erklärt, es gehe davon aus, dass der Preis für Solar-Großanlagen in den USA von derzeit 4,6 Cent/kWh auf 3 Cent im Jahr 2025 auf 2 Cent im Jahr 2030 sinken wird.

Die zwei wichtigsten Argumente für Solarenergie als disruptive Gelegenheit

Die Solarindustrie hat in den letzten zehn Jahren zwei Dinge bewiesen. Zum einen, dass sie die Produktion zu sinkenden Kosten skalieren kann, was dazu führt, dass Solarkraftwerke jedes Jahr billiger werden. Zum anderen bleibt die und die erneuerbare Ressource Solar kostenlos.

Zurück zu unserer kleinen Solaranlage. Über ihre Lebensdauer von 30 bis 50 Jahren wird Solarenergie in größeren Regionen zu einem Preisführer werden. Dies wird wahrscheinlich irgendwann nach 2030 der Fall sein. Gleichzeitig gibt es mindestens zwei relevante Gegenargumente, die häufig auftauchen. Erstens: Wie steht es um die Fähigkeit des Stromnetzes, Solarstrom zu transportieren und zu speichern? Zweitens: Ist genügend Platz für alle Solarkraftwerke vorhanden?

Das Produktionsprofil der Solarenergie erfordert Zwischenspeicher, etwa Batterien und Wasserstoff, und hohe Investitionen in die Infrastruktur. Diese riesigen Infrastrukturprogramme starten in diesen Tagen in den USA und in Europa, während sich gleichzeitig Investitionen in die Batterieproduktion von privatem Kapital vervielfachen.

Das zweite Argument, das häufig gegen eine großflächige Skalierung von Solarkraftwerken angeführt wird, ist der Platzbedarf. Das National Renewable Energy Laboratory (NREL) hat berechnet, dass die gesamte Stromproduktion Amerikas durch die Abdeckung der Mojave-Wüste (35.000 Quadratkilometer) ersetzt werden kann. Mit der erhöhten Effizienz von Solarmodulen und mehr Dächern, die mit Solarmodulen bestückt werden, wird der Anteil auf einen kleinen Teil von Nevada, Texas oder Utah (16.000 Quadratmeilen) reduziert. Unabhängig davon ist Raum auch eine Frage des Willens, der Kreativität und neuer Geschäftsmodelle. Vielleicht müssen wir das Meer nutzen, um Solarstrom zu produzieren, Panels entlang der Stromleitungen oder die Straßen.

Das wichtigste Argument für Solarenergie finden wir nicht in der Finanzbuchhaltung, sondern in der Energierechnung. In einer Stunde trifft die Sonne mit mehr Energie auf die Erde, als wir in einem Jahr verbrauchen können. Wenn es uns gelingt, Fragmente dieser Energie einzufangen, gibt es keine Energiekrise. Die Energierückzahlung, Energy Payback Time (EPBT), berechnet, wie lange ein Energiesystem braucht, um mehr Energie zu produzieren, als für die Erstellung des Systems verbraucht wurde. Bei Solarenergie variiert diese Zeit zwischen sechs und 36 Monaten, abhängig von der Anzahl der Sonnenstunden und der Temperatur. Bei einer Lebensdauer von 40 Jahren, EPBT von 36 Monaten, gibt es 37 Jahre „kostenlose“ Energie für den Planeten und Energiekosten, die auf null sinken.

Ab 2030 dürfte Solarenergie für Strompreisbildung relevant sein

Daher denke ich, dass unsere kleine 10 MWp Solaranlage, die heute gebaut wird, Teil einer Reise sein wird, auf der die Anlagen immer bezahlbarer werden. Um das Jahr 2030 herum wird die Solarenergie einen so großen Anteil im Strommix haben, dass sie für die Strompreisbildung relevant sein wird. In diesem Jahr werden rund 140 GW an Solarenergie gebaut. Im Laufe des Jahres 2040 werden alle in diesem Jahrzehnt gebauten neuen Anlagen abbezahlt sein. Eine Kombination aus neuen und alten Solarkraftwerken wird den Strompreis bis 2025 nach unten drücken.

Dann lautet die Frage: Wer kann mit einer vollständig abgeschriebenen Solaranlage mit kostenlosem Inputfaktor mithalten? Wenn die Antwort darauf „niemand“ lautet, werden die Energiekosten bis zum Jahr 2050 auf null sinken und nicht steigen. Dies nennen wir bei DNB Asset Management eine disruptive Chance.

von Audun Wickstrand-Iversen

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