Das Investment: Bert Rürup: „Freiwillige Altersvorsorge ist teuer und extrem kompliziert“

sjb_werbung_das_investment_300_200Um das Problem der Altersarmut in Deutschland zu lösen, bräuchte man eine obligatorische Altersvorsorge, erklärt Rentenexperte Bert Rürup. Wie sich der Namensvater der Rürup-Rente das ideale Altersvorsorge-System vorstellt und wo er die größte Schwäche bei der seit Jahresanfang kontrovers diskutierten Deutschlandrente sieht. Bert Rürup hält nicht viel von Entscheidungsfreiheit – zumindest, wenn es um die Altersvorsorge geht.

„Freiwillige Systeme können nie so effektiv sein wie obligatorische“, erklärt der Altersvorsorge-Experte und Namensvater der Rürup-Rente in seinem Vortrag auf der Versicherungsmesse DKM. Denn bei freiwilligen Systemen in der Versicherungswirtschaft greifen Selbstselektion-Effekte, die das System zu einem Sammelbecken schlechter Risiken werden lassen.

„Altersvorsorge ist eine Wette auf den eigenen Todeszeitpunkt“

Wie das funktioniert, erläutert Rürup am Beispiel der freiwilligen Altersvorsorge. Bei dieser Versicherungsart handele es sich um eine Art Wette auf den eigenen Todeszeitpunkt, erklärt der Rentenexperte. Wer besonders alt wird und mehr Rente bekommt, als er eingezahlt hat, stehe auf der Gewinner-, wer früh stirbt, auf der Verlierer-Seite. In einem großen Kollektiv gleichen sich die Risiken aus.

Überlasse man es den Bürgern nun selbst, ob sie diese Wette eingehen wollen, würden sich nur diejenigen dafür entscheiden, die ihre Lebenserwartung aufgrund ihres Gesundheitsverhaltens oder ihrer Familiengeschichte als besonders hoch einschätzen. Wer hingegen davon ausgeht, relativ früh zu sterben, würde von einer Versicherung absehen. Damit würde sich die Risikostruktur verschieben. Aus diesem Grund sei auch die Riester-Rente in Verruf geraten.

Variable Mischung aus umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Systemen

„Ein gutes Alterssicherungs-System sollte aus einer Mischung von umlagefinanzierten und kapitalgedeckten Systemen bestehen“, sagt Rürup. Dabei sollte das Mischverhältnis nicht fest, sondern variabel sein. Damit könnte das System auch Probleme wie eine hohe Arbeitslosigkeit oder eine Niedrigzinsphase besser abfedern.

Ein weiteres Problem der freiwilligen privaten Altersvorsorge sei die Tatsache, dass Produkte durch Versicherungsvertreter oder –Makler verkauft werden müssen, so Rürup weiter. Die Vertriebskosten würden die Absicherung teurer machen. Außerdem seien die Altersvorsorge-Produkte „extrem kompliziert“.

Deutschlandrente: „Der Name ist genial, das Konzept hat eine große Schwäche“

Das Grundprinzip der seit Jahresanfang kontrovers diskutierten Deutschlandrente hingegen hört sich einfach an. Das Konzept sieht vor, dass Arbeitnehmer automatisch Beiträge in einen „Deutschlandfonds“ überweisen, in dem das Geld nach gesetzlichen Vorgaben verwaltet wird. Raus aus der Nummer kommt nur, wer das ausdrücklich beantragt (Opt-out). Wäre das eine Lösung? Laut Rürup nicht unbedingt. „Der Name Deutschlandrente ist genial“, sagt der Altersvorsorge-Experte. Das Konzept allerdings habe eine Schwäche. Denn der Deutschlandfonds soll durch die gesetzliche Rentenversicherung zentral verwaltet werden.

„Wenn schon Deutschlandrente, dann mit einer staatsunabhängiger Verwaltung, zum Beispiel durch eine Stiftung des öffentlichen Rechts“, sagt Rürup. Eine Ideallösung wäre es laut Rürup aber auch dann nicht. Denn bei Altersvorsorge-Produkten sollte die Volatilität je nach Restlaufzeit variieren. Schließlich könne ein junger Versicherter für eine gute Rendite eine höhere Volatilität verkraften, während für Menschen, die kurz vorm Renteneintritt stehen, Sicherheit die höchste Priorität genieße. Bei einem so großen Produkt wie dem Deutschlandfonds wäre aber eine solche Feinjustierung sehr schwer.

Von: Svetlana Kerschner

Quelle: Das Investment

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