Das Investment: „Banken sind bald raus aus der Finanzberatung“

Welche Pläne verfolgen Sie im kommenden Jahr, wo sehen Sie mittel- bis langfristig die Rolle von Versicherungs- und Finanzberatern – und werden digitale Angebote in der Beratung die Oberhand gewinnen? Ein Interview mit Fonds-Finanz-Chef Norbert Porazik.

DAS INVESTMENT: Welche größeren Projekte verfolgen Sie momentan bei sich im Haus?

Norbert Porazik: „Die Digitalisierung wird auch 2019 das beherrschende Thema sein. Unser Fokus liegt im kommenden Jahr deshalb ganz klar auf der Realisierung unserer allumfassenden Maklerplattform. Wir haben mehrere Firmen hinzugekauft und jetzt alle Komponenten zusammen, die wir dafür benötigen. Jetzt setzen wir alles wie Legobausteine zusammen.

Was versprechen Sie sich von der Plattform?

Porazik: Viele Makler holen sich von unterschiedlichen Seiten Hilfe und sind an mehrere Pools angebunden. Die allumfassende Maklerplattform wird alle notwendigen Verwaltungs-, Analyse-, Beratungs- und Vergleichsfunktionen in sich vereinen – mit allen Schnittstellen und ohne Medienbrüche. Unsere Vision ist, dass ein Makler nur noch drei Dinge benötigt, um sein Geschäft auszuüben: eine Gewerbezulassung, eine Vertriebsvereinbarung mit uns und einen internetfähigen Computer.

Gilt das für den Versicherungs- und den Investmentbereich gleichermaßen?

Porazik: Im Investmentbereich ist jeder Vermittler in der Regel nur bei einem Pool. Das wird mit einer konsolidierten Plattform im Versicherungsbereich bald auch so sein. Man kann dann alles über eine Plattform abwickeln. Provisionsabrechnungen, Bestandsübertragungen, Schulungen, IDD-Stunden und günstige Autos – es gibt 1. 000 gute Gründe, alles nur über einen einzigen Pool zu machen.

Wo sehen Sie Finanz- und Versicherungsberater mittel- bis langfristig stehen?

Porazik: Wir glauben daran, dass die Makler als Gewinner aus dem Wandel der Branche hervorgehen werden. Die Banken reduzieren momentan ihre Filialen und sind bald so gut wie raus aus der Beratung. Die Versicherungsvertreter werden auch jedes Jahr um einige Tausende weniger. Die Makler hingegen bleiben stabil. Großes Potenzial birgt auch die PSD2-Schnittstelle, mit der wir alle unsere Vermittler in die Lage versetzen wollen, Einblicke in die Girokontodaten ihrer Kunden zu gewinnen.

Verdrängen nicht digitale Beratungsangebote das Geschäft der klassischen Makler?

Porazik: Online-Vermittler werden Zuwächse haben – in absoluten Zahlen gerechnet. Anteilsmäßig allerdings nicht so stark wie andere Makler. Wenn es 100 Vergleichsportale statt zehn gibt, wird sich dadurch der Umsatz im Internet nicht steigern. Er wird sich nur anders verteilen. Die Zunahme des digitalen Geschäfts betrifft außerdem nur bestimmte Versicherungsbereiche: Bei Krankenvoll- und Lebensversicherungen sehen wir überhaupt keinen Trend, dass Kunden Verträge online abschließen wollen. Hier ist alles sehr komplex, und die Kunden legen Wert auf Beratung. Ebenso ist es im Investmentbereich. Gerade die nachkommende Generation Y will sich um nichts kümmern, sie will auch nicht selbst vergleichen, etwas abschließen und dann keinen Ansprechpartner mehr haben.

Umgekehrt gefragt: An welcher Stelle profitieren Ihrer Meinung nach Makler besonders von der Digitalisierung?

Porazik: Makler benötigen Unterstützung in digitaler Form. Sie brauchen eine Webseite und Social-Media-Profile. Sie benötigen aber kein Vergleichsportal, auf dem Kunden vollautomatisiert Verträge abschließen können. Allerdings befeuern diese Portale eines: das Bewusstsein, dass es unterschiedliche Anbieter gibt. Dass man für eine Baufinanzierung nicht unbedingt zur Hausbank gehen muss und für Versicherungen nicht nur zu dem einen Ausschließlichkeitsvertreter im Dorf. Es gibt vielmehr verschiedene Möglichkeiten und der Kunde sucht sich jemanden, der ihm bei der Auswahl hilft. Es gibt ja den Fachbegriff „ROPO“ – Research Online, Purchase Offline: Die Leute vergleichen online und schließen offline ab. Die ganz große Masse der Leute macht das genauso.

Ein Argument für digitale Beratung lautet, dass sie für den Kunden kostengünstiger ist.

Porazik: Grundsätzlich muss man festhalten: Die Provision wird nicht gespart, wenn man online abschließt. Man spart sich nur den Berater. Den kriegt man in der provisionsbasierten Versicherungs- und Investmentwelt aber kostenfrei. Insofern ist es gar keine Ersparnis, etwas online abzuschließen.

Ihr Ausblick auf 2019?

Porazik: Wir bemerken einen starken Zulauf von Vermittlern zu Maklerpools, weil die Verwaltungsarbeit sonst kaum mehr stemmbar ist. Andererseits gibt es auch einen starken Zulauf von Versicherungsgesellschaften, die mit Pools zusammenarbeiten wollen. Denn auch für sie sind die Prozesse einfacher und effizienter, wenn ein Intermediär wie ein Maklerpool dazwischengeschaltet ist. Von beiden Seiten haben wir also ordentlich Rückenwind. Wir verzeichnen eigentlich in allen Sparten ein Plus. Dazu müssen wir auch nicht an die Börse gehen. Denn an die Börse geht man nur dann, wenn man Geld braucht und dafür bereit ist, Einfluss abzugeben. Geld brauchen wir keines und wir sind auch nicht bereit, Einfluss abzugeben.

Von: Iris Bülow

Quelle: Das Investment

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