Das Investment: Abgeltungssteuer & Co.: So sähe ein anlegergerechtes Steuersystem aus

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Steuern werden immer mehr zu einem zentralen Wahlkampfthema. Für DAS INVESTMENT analysiert Michael Bormann, Steuerexperte und Gründungspartner bei der Sozietät Bormann Demant & Partner, welche möglichen Änderungen aus Anlegersicht Sinn machen würden. Martin Schulz, der Kanzlerkandidat der SPD, setzt im Wahlkampf auf das Thema Gerechtigkeit. Unmittelbar damit verbunden sind die Abgaben an den Staat. Mehr Steuergerechtigkeit wäre durchaus wünschenswert. Doch was ist eigentlich gerecht?

Abgeltungssteuer
Einkommen aus Kapital wird mit 26,375 Prozent versteuert, Einkommen aus Arbeit dagegen mit bis zu 45 Prozent – das ist ungerecht finden SPD und Grüne. Auf den ersten Blick leuchtet das ein, doch die Sachlage ist komplizierter. So stammen Dividenden aus Gewinnen, die bereits versteuert wurden. Bei Kapitalgesellschaften fallen 15 Prozent Körperschaftssteuer sowie – je nach Hebesatz – weitere rund 15 Prozent Gewerbesteuer an. Unter dem Strich bleiben von einem Euro Gewinn gerade einmal noch 51,5 Cent übrig, die beim Dividendenempfänger ankommen. Damit werden also zumindest Gewinnausschüttungen schon heute höher besteuert als Einkommen aus Arbeit.

Anders ist die Sachlage bei Zinsen und realisierten Kursgewinnen bei Aktien- und Fondsgeschäften. Da die Notenbanken Zinsen faktisch abgeschafft haben, erübrigt es sich, darüber im Wahlkampf zu streiten. Und da der Staat die private Altersvorsorge eigentlich fördern will, scheint eine günstige Besteuerung von Aktien- und Fondsgeschäften durchaus sinnvoll.

Unter dem Gesichtspunkt Gerechtigkeit ist außerdem zu beachten, dass es sich bei dem Spitzensatz von 45 Prozent auf Einkommen um einen Grenzsteuersatz handelt, der erst ab jährlichen Einkommen ab 250.000 Euro fällig wird. Der eigentliche Einkommensteuer-Spitzensatz liegt bei 42 Prozent und gilt erst ab Summen von mehr als 53.666 Euro. Für die Vergleichbarkeit mit der Abgeltungssteuer, die sich zusammen mit dem Solidaritätszuschlag auf 26,375 Prozent summiert, ist aber nicht der Grenzsteuersatz, sondern der durchschnittliche Steuersatz entscheidend, der je nach Einkommen deutlich unter dem Grenzsteuersatz liegt – auch aufgrund verschiedener Freibeträge und Abzugsmöglichkeiten.

Die pauschale Behauptung, Einkommen aus Kapital werde bessergestellt als das aus Arbeit, lässt sich also kaum untermauern.

Finanztransaktionssteuer
Die Einführung der umgangssprachlich auch Börsensteuer genannten Abgabe scheint erst einmal vom Tisch. Hierbei handelt es sich weniger um ein Wahlkampfthema, sondern um ein europäisches Projekt, mit dem Spekulationsgeschäfte gebremst werden sollten. Ursprünglich wollten mehrere EU-Staaten die Käufe und Verkäufe von Wertpapieren besteuern, um den Hochfrequenzhandel einzudämmen und die Kosten der Finanzkrise zu refinanzieren.

Doch spätestens seit dem Brexit-Beschluss der Briten scheint das Projekt auch in Deutschland kaum mehr durchsetzbar zu sein. Denn es besteht die Befürchtung, dass Banken, die Brexit-bedingt ihren Sitz von London nach Kontinentaleuropa verlegen wollen, – zum Beispiel nach Frankfurt – durch eine Finanztransaktionssteuer abgeschreckt werden könnten. Vor diesem Hintergrund ist Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble von dem Projekt offenbar abgerückt.

Vermögenssteuer
Wesentlich heißer dürfte eine mögliche Vermögenssteuer diskutiert werden, die die Grünen auch Superreichen-Steuer nennen. Gegen eine mögliche Einführung spricht, dass eine Vermögenssteuer verfassungswidrig seien könnte. Denn es ist kaum möglich, die verschiedenen Sach- und Geldvermögen einheitlich zu bewerten. Zumindest wäre dies mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden.

Vor allem aber träfe eine Vermögenssteuer eine Vielzahl kleiner und mittelständischer Betriebe, die als Personengesellschaft geführt werden. Da es sich um eine Substanzsteuer handelt, fiele sie auch dann an, wenn die entsprechenden Firmen rote Zahlen schreiben. Damit würde eine Vermögenssteuer einen Teil des deutschen Mittelstands bedrohen, der maßgeblich für den Wohlstand in der Bundesrepublik verantwortlich ist.

Sinnvolle Änderungen

Vielmehr als neue oder höhere Steuern wäre nicht nur aus Anlegersicht eine Vereinfachung des Steuersystems wünschenswert. So könnten die verschiedenen  Mehrwertsteuersätze vereinheitlicht und sinnlose Ministeuern abgeschafft werden.

Von: Michael Bormann

Quelle: Das Investment

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