Assenagon | München, 26.08.2021.
Auf der Suche nach Alternativen zu festverzinslichen Anlagen haben Dividendenstrategien in den vergangenen Jahren deutlich an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewonnen. Zuweilen werden Dividenden gar als potenzieller Zinsersatz betrachtet.
Die grundlegende Überlegung erscheint naheliegend: Dividendenausschüttungen schwanken tendenziell weniger als Unternehmensgewinne, wodurch Dividendentitel – trotz Aktienrisiko – als vergleichsweise defensives Investment gelten und einen gewissen Income-Charakter aufweisen.
Typisches Verhalten in Krisenphasen
Dies ist jedoch ein trügerisches Bild, da Dividendenstrategien eher einen zyklischen Charakter aufweisen. Betrachtet man die Kursrückgänge eines europäischen Dividendenindex in den letzten zwei großen Krisenphasen (siehe Abbildung 1), so lässt sich unweigerlich feststellen, dass der vermeintlich defensive Charakter von Dividenden während Krisen mitunter vollkommen verschwindet.
Die Underperformance während der Corona-Krise ist sicherlich auf gekürzte respektive gestrichene Dividenden im Zuge von Liquiditätsengpässen zurückzuführen. Ein ähnliches Krisenverhalten lässt sich auch während der Finanzkrise beobachten, als der Dividendenindex in der Spitze 8 Prozent mehr verlor als der europäische Aktienmarkt.
Ein Teil der prozyklischen Charakteristik ist sicherlich der Konstruktionsweise des Index geschuldet. Neben Sektorwetten (unter anderem ein Übergewicht in zyklischen Finanzwerten) ist oft auch die Nachhaltigkeit der Dividendenzahlungen (Profitabilität, Verschuldung) ein Problem, was sich im Zuge von Marktkorrekturen zusätzlich negativ auswirken kann. Zudem weisen Dividendentitel typischerweise eine kürzere “Duration” auf. Dies bedeutet, dass Dividendentitel für gewöhnlich einen Großteil ihrer erwarteten Cashflows, die wiederum den Marktwert ausmachen, in der näheren Zukunft erwirtschaften. In Krisenphasen, welche die Erwartungen für die nächsten Jahre trüben, sind sie so deutlich stärker betroffen als Wachstumstitel, deren Cashflows weiter in der Zukunft liegen. Eine ausgeprägte Allokation in aus ESG-Sicht umstrittenen Geschäftsfeldern wie Tabak belastet die Performance zusätzlich.
Abb. 1: Performance und Kursrückgänge: Dividendenindex vs. Markt
Quelle: Assenagon, Bloomberg
Konstruktion einer verlässlich defensiven Dividendenstrategie
Wenngleich sich durch eine ganzheitliche Portfoliosteuerung viele dieser Risiken kontrollieren lassen, bleibt eine gewisse Zyklik erhalten. Um eine Dividendenstrategie verlässlich defensiv zu gestalten, benötigt man eine entsprechend antizyklische Komponente, welche das Risiko reduziert.
Die Implementierung eines verlässlichen Absicherungskonzeptes bringt allerdings einige Hürden mit sich hinsichtlich der Wahl des geeigneten Instruments und der zugrundeliegenden Strategie. Ein klassischer Ansatz ist es mit Risikobudgets zu arbeiten, welche oftmals durch Future-Einsatz oder ein Wertsicherungskonzept, das dynamisch zwischen Aktien und Cash allokiert (“CPPI”), gesteuert werden. Dies umschreibt in der Regel eine Form der Verlustschwelle, ab welcher das Verlustrisiko durch entsprechende Verringerung der Aktienquote reduziert wird. Das Kernproblem solcher Konzepte ist jedoch, dass die Partizipation im Zuge der Markterholung aufgrund ausgeschöpfter Risikobudgets oftmals gehemmt ist und wenig Flexibilität bietet.
Eine Alternative hierzu bietet die Implementierung der Absicherung in Form eines Optionsportfolios. Put-Optionen haben den Vorteil, dass sie eine verlässliche und vor allen Dingen zunehmend starke Absicherungswirkung in Krisen aufweisen. In steigenden Märkten ermöglichen sie darüber hinaus eine höhere Marktpartizipation und bieten so eine asymmetrische Partizipation in steigenden und fallenden Märkten. Der geringe Kapitaleinsatz von Put-Optionen ermöglicht zudem Aktienquoten von knapp unter 100 Prozent.
Assenagon Equity Framework
Die Herausforderung beim Kauf von Optionen sind die laufend erforderlichen Prämienaufwendungen. Eine Möglichkeit dem entgegenzuwirken ist eine antizyklische Steuerung.
Die Höhe der Prämienaufwendungen drückt sich indirekt in der impliziten Volatilität aus. In steigenden und ruhigen Märkten ist diese für gewöhnlich niedrig und Optionspreise somit günstig. Bei den monatlichen Rollen werden neue Put-Optionen dann nahe dem aktuellen Marktniveau erworben. In Stressphasen wiederum ist die implizite Volatilität deutlich erhöht. Hier werden Gewinne bei bestehenden Put-Optionen antizyklisch realisiert. Bei den monatlichen Rollen werden außerdem Put-Optionen mit niedrigerem Absicherungsniveau neu gekauft. Man orientiert sich also bei der Steuerung des Absicherungsniveaus an der impliziten Volatilität und somit am Preisniveau der Optionen, um die Prämienaufwendungen möglichst konstant und niedrig zu halten.
Ein willkommener Nebeneffekt dabei ist, dass in steigenden und ruhigen Märkten das Absicherungsniveau systematisch gestärkt wird, genau dann wenn das Verlustpotenzial am größten ist. Gleichzeitig wird eine hohe Partizipation an wieder steigenden Märkten nach Stressphasen sichergestellt.
In den knapp drei Jahren seit Umsetzung im Publikumsfonds wurde eine verlässliche Absicherung erzielt, ohne dass es trotz deutlich positiver Märkte zu einem nennenswert negativen Renditebeitrag kam (siehe Abbildung 2).
Abb. 2: Markt-Performance und Renditebeitrag der Put-Optionen
Quelle: Assenagon, Bloomberg
Tab. 1: Rendite & Risikokennzahlen im Vergleich seit Oktober 2018
Quelle: Assenagon, Bloomberg, Morningstar
Für den Anleger
Kann Dividende der neue Zins sein? Als Long-Only Investment eher nicht. Zu zyklisch und krisenanfällig sind entsprechende Strategien, um eine verlässlich defensive Alternative darzustellen. So erlitt die “Morningstar Peergroup Aktien Europa dividenden-orientiert” trotz ihres niedrigen Betas von 0,84 Anfang 2020 einen genauso hohen Kursverlust wie der europäische Aktienmarkt (siehe Tabelle 1).
Kombiniert man eine ganzheitlich gesteuerte Dividendenstrategie jedoch mit einer effizienten Put-Absicherung (“Assenagon Dividendenstrategie”), lässt sich das gesuchte defensive Profil mit ausgeprägtem Income-Charakter erzielen. Durch die antizyklische Steuerung der Put-Optionen konnte das Risiko deutlich reduziert werden, ohne dass es dabei trotz der starken Entwicklung des europäischen Aktienmarktes (knapp +30 Prozent) zu Renditeeinbußen gekommen ist. Gleichzeitig wurden jährliche Ausschüttungen von 4,5 Prozent geleistet, was den Income-Charakter unterstreicht.
PS: Lesen Sie in der nächsten Ausgabe, wie sich die Duration von Aktien bestimmen lässt.
Daniel Jakubowski
Equity Portfolio Management
Ulrich Wessels
Structured Sales