nova funds | München, 27.06.2017
Healthcare » In den USA scheint sich das politische Klima für Pharma und Biotech wieder aufzuhellen. Doch auch andere Bereiche der Gesundheitsbranche bieten viel Gewinnpotenzial.
Donald Trump macht es wieder einmal spannend. Sprach er vor einigen Wochen noch davon, dass die Pharmaindustrie „mit Mord ungestraft davonkommt“ und er auf jeden Fall für niedrigere Medikamentenpreise in den USA sorgen werde, könnte es nun ganz anders enden: Verschiedene amerikanische Medien veröffentlichten in der vergangenen Woche Details aus einer offenbar recht industriefreundlichen Verordnung, die das Weiße Haus vorbereitet.
Die „Exekutivorder für niedrigere Arzneimittelpreise“ soll demnach vor allem Regulierungen zurückschrauben, die Patentrechte der Konzerne im Ausland stärken und auf wertbasierte Vergütung setzen. Dabei handelt es sich um ein Preismodell, bei dem Hersteller Geld zurückzahlen, wenn ein Medikament nicht wie versprochen wirkt — ein ziemlich lascher und von der Branche favorisierter Ansatz zur Preiskontrolle, bei dem die Produzenten viele Bedingungen diktieren dürften. Offenbar waren die 75 Millionen Dollar, welche die Pharmaindustrie im ersten Quartal für die Lobbyarbeit in Washington ausgegeben hat, gut angelegt.
Was die US-Regierung plant, ist deshalb so relevant für die Arzneimittelproduzenten, weil sie in den USA bisher weltweit die höchsten Preise verlangen und regelmäßig erhöhen konnten. Dass in Republikaner-Kreisen überhaupt über eine Veränderung dieses Status quo diskutiert wird, war ein Schock für den Sektor. Entsprechend positiv reagierte der Aktienmarkt auf den durchgesickerten Entwurf: Der Nasdaq Biotechnology-Index sprang sieben Prozent nach oben, auch Pharmatitel legten zu. Das könnte der Auftakt zu einer breiten Erholung des Sektors sein: „Biotech-Aktien sind mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14 für das Jahr 2018 so günstig wie praktisch nie zuvor“, sagt Christian Lach von der Schweizer Investmentboutique BB Adamant. „Dabei liegt das Gewinnwachstum im Biotech-Sektor deutlich über dem von Tech- oder Konsumsektor.“
Viele Treiber für einen Aufschwung
Käme dann irgendwann noch die in Aussicht gestellte Steuererleichterung für in die USA zurückgeführtes Auslandsvermögen, würde das wohl auch die M & A-Aktivität in der Branche deutlich ankurbeln, meint Enrico Braglia,Chef der Schweizer Biotech-Beratungsfirma Onelife. Zudem seien 2017 bis zu 50 Zulassungen neuer Medikamente in den USA möglich, nachdem im vergangenen Jahr nur 22 Wirkstoffe diese Hürde genommen hatten.
Genug Treibstoff für einen Aufschwung also, nachdem politische Unsicherheit und die Sektorrotation in zyklische Werte für tiefrote Zahlen bei Pharma- und Biotech-Indizes gesorgt hatten. Ganz ungetrübt ist der neue Optimismus allerdings nicht: Trump bleibt unberechenbar, der Exekutivorder-Entwurf könnte sich bis zur seiner Unterschrift noch deutlich ändern. Und das Thema Medikamentenpreise ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen, dafür sorgt schon der Kostendruck der privaten US-Krankenversicherer.
lich, dass das Umsatzwachstum der Medikamentenhersteller in Zukunft nicht mehr ganz so üppig ausfällt wie gewohnt. Das legt die jährliche Branchenstudie der Analysefirma EP Vantage nahe. Sie korrigierte zum ersten Mal seit zehn Jahren ihre langfristige Umsatzprognose für verschreibungspflichtige Arzneimittel leicht nach unten. Der Markt wächst demnach bis 2022 im Schnitt mit der immer noch eindrucksvollen Rate von 6,5 Prozent pro Jahr.
Mehr als Pharma und Biotech
Bezogen auf das niedrige aktuelle Bewertungsniveau bedeutet das immer noch ein erhebliches Potenzial für Pharma- und Biotech-Aktien. Anleger sollten die Prognosen jedoch ruhig einmal zum Anlass nehmen, neben diesen beiden fast immer im Vordergrund stehende Sektoren auch andere Bereiche des Healthcare-Universums unter die Lupe zu nehmen. Zulieferer, spezialisierte Technologieanbieter, Service-Konzerne und nicht zuletzt Gesundheitsunternehmen aus Schwellenländern mögen nicht so luxuriöse Margen wie die Pillenhersteller bieten. In vielen Fällen liefern sie jedoch ein über Jahre konstantes, stetiges Wachstum und solide Renditen. Und die Aktienkurse dieser Firmen sind häufig weit weniger schwankungsanfällig als bei Biotech und Pharma.
Gleichzeitig profitieren natürlich auch diese Branchen vom Megatrend Gesundheit. Nach OECD-Angaben steigen die Gesundheitsausgaben selbst unter Einberechnung von Sparmaßnahmen deutlich stärker als das weltweite Wirtschaftswachstum (siehe Grafik auf der rechten Seite im pdf des Original-Artikels).
Der größte Treiber dafür ist die demografische Entwicklung: Immer mehr Menschen werden immer älter — in China wird die Anzahl der über 100-jährigen bis 2050 von einer Handvoll auf 200 000 steigen. Die Prävalenz vieler Erkrankungen steigt im Alter über 65 sprunghaft an. Einige Infektionskrankheiten und die Säuglingssterblichkeit konnten zwar dank des medizinischen Fortschritts in den vergangenen Jahrzehnten zurückgedrängt werden, doch dafür steigen die Zahlen von Patienten mit Diabetes, Demenz oder Herzproblemen, die über viele Jahre lang behandelt werden müssen.
Wie das echte Weltall wird sich das Universum aller mit Gesundheit befassten Unternehmen deshalb auf Jahrzehnte immer weiter ausdehnen. Die Redaktion hat verschiedene Subsektoren der Gesundheitsindustrie analysiert und die aussichtsreichsten Unternehmen für Sie herausgesucht. Außerdem empfehlen wir Fonds, die mehr oder andere Bereiche abdecken als traditionelle Pharma- und Biotech-Portfolios.
DIGITALISIERUNG
Effizienter arbeiten
Zwei ganz unterschiedliche Faktoren treiben das Thema Digitalisierung auch im Gesundheitswesen mit Volldampf voran. Einer ist kurioserweise der weltweit mehr oder weniger stark ausgeprägte Sparzwang. Es ist ineffizient, wenn Patienten mehrere Ärzte aufsuchen und dabei Untersuchungen mehrfach angeordnet werden, es kann sogar lebensgefährliche Folgen haben, wenn ein Therapeut nicht weiß, was ein anderer dem Patienten parallel verschrieben hat. Das soll die Zusammenführung aller Daten in elektronischer Form beheben, Stichwort: elektronische Patientenakte. Daran anknüpfende Anwendungen erleichtern auch Abrechnungsvorgänge und ermöglichen eine bessere, Zeit sparende Organisation in Krankenhäusern und Arztpraxen — wenn sie richtig funktionieren.
Einer der Marktführer auf diesem Gebiet in den USA ist Cerner. Die Aktie hat seit Jahresanfang bereits um rund 30 Prozent zugelegt. Mit Cloud-basierten Softwarelösungen konnte der Konzern mit Zentrale in Missouri seinen Umsatz im ersten Quartal um elf Prozent auf 1,26 Milliarden Dollar steigern. Der Gewinn vor Steuern kletterte von 0,44 Dollar pro Aktie im Vorjahresquartal auf 0,52 Dollar pro Aktie. Cerner ist international aufgestellt, doch der Löwenanteil des Geschäfts stammt aus den USA.
Technologie aus Koblenz
Aber auch in Deutschland gibt es Chancen durch die Digitalisierung im Gesundheitsbereich. Manchmal dauert es nur etwas länger. Wie die viel gescholtene elektronische Gesundheitskarte, die nun ab Juli durch die Ausrüstung von Arztpraxen mit entsprechender Hard- und Software wirklich funktional werden soll. Davon profitieren könnte insbesondere die Koblenzer Compugroup Medical. Denn der Konkurrent Deutsche Telekom hat Probleme mit seinen Produkten.
„Die Ausstattung der 240 000 Ärzte und Apotheken in Deutschland muss bis Juli 2018 abgeschlossen sein. Da die Telekom im Moment hinterherhinkt, kann Compugroup jetzt zunächst ungehindert so viele Praxen und Apotheken wie möglich ausstatten“, sagt Andreas Bischof, Manager des Fonds nova Steady HealthCare. „Das Geschäft wird wiederkehrende Umsätze für Compugroup generieren. Je mehr Daten auf die Gesundheitskarte geladen werden, desto mehr Lizenzgebühren fallen an.“ Ein weiterer Treiber für den Gesundheits-IT-Sektor ist die enorme Zunahme der Datenmengen in der Wissenschaft.
Der US-Midcap Medidata Solutions hat sich etwa auf die Entwicklung digitaler Anwendungen für die Planung, Durchführung und Analyse von klinischen Studien spezialisiert und rechnet im laufenden Jahr mit 21 Prozent Umsatzwachstum.
HOME CARE
Mehr als Pflege
Bestimmte Gesundheitsdienstleistungen zu Hause zu erhalten, das ist das Konzept von Home Care. Sie ist die am schnellsten wachsende Branche in den USA. Die US-Statistikbehörde für Arbeit schätzt, dass die Zahl der Beschäftigten in dem Bereich bis 2024 jährlich um fünf Prozent zulegt. Home Care bezeichnet dabei nicht einen reinen Pflegedienst, sondern zum Beispiel den Besuch von Krankenschwestern, die Spritzen verabreichen, von Physiotherapeuten oder Logopäden. Sogar aufwendige Prozeduren wie die Dialyse können in manchen Fällen zu Hause stattfinden, der DAX-Konzern Fresenius Medical Care bietet dies zum Beispiel an.
Gemäß dem Marktforschungsinstitut Zion Research betrug die globale Nachfrage nach solchen Home-Healthcare-Dienstleistungen vor zwei Jahren 229 Milliarden Dollar. Bis 2021 soll der Markt im Durchschnitt jährlich über neun Prozent wachsen. Amedisys ist einer der Marktführer auf dem US-Markt. Die Aktie ist allerdings mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 29,7 für 2018 auch schon recht sportlich bewertet.
ZULIEFERER
Riesige Industrie
Wissenschaftler, Ärzte, Krankenhäuser — sie alle brauchen eine bestimmte Ausstattung, um ihre Arbeit leisten zu können.
Ob das nun Verbrauchsmaterialien wie die Molekularbiologie-Kits von Qiagen oder die Fermenter von Sartorius (siehe Seite 8) sind, Zentrifugen von Thermo Fisher oder gleich die Auslagerung der Produktion eines Arzneimittels an Firmen wie Lonza: Die Zulieferindustrie der Gesundheitsbranche ist riesig und extrem divers. Die Dienstleister, wobei darunter auch Krankenhäuser und Versicherungen fallen, machen mit sieben Billionen US-Dollar mehr als fünfmal so viel Umsatz wie Biotech-, Pharma-, Generika- und Medtech-Branche zusammen.
Selbst komplette klinische Studien organisieren Medikamentenhersteller häufig nicht mehr selbst, sondern engagieren dafür eine Clinical-Research-Firma, kurz CRO. Die CRO Parexel wurde erst vergangene Woche für 4,5 Milliarden US-Dollar von einer Private-Equity-Firma übernommen. Bereits 2016 hatte die M & A-Aktivität in dem Sektor ein Rekordvolumen von 24 Milliarden Dollar erreicht.
Mit weiterer Konsolidierung sei jedoch zu rechnen, sagt Paul Saias, Direktor bei KPMG: „Wir stehen erst am Anfang.“ Charles River Laboratories oder Icon könnten zu den nächsten Akteuren gehören. Langfristige Partnerschaften Das Geschäft brummt auch bei Lohnherstellern wie Lonza. Die Schweizer übernehmen für Pharmakonzerne unter anderem die Produktion von komplexen Biotech-Medikamenten, zum Beispiel von Antikörpern. Das sind oft langfristige Partnerschaften, denn eine Verlagerung der Produktion ist schwierig und mit der Gefahr von Verfügbarkeits-Engpässen verbunden.
Lonza fertigt beispielsweise für Bristol-Myers-Squibb die Krebsimmuntherapie Opdivo. Lonza hat das erste Quartal mit Rekordergebnis abgeschlossen und im April die Prognose wachstum soll im hohen einstelligen Prozentbereich liegen, das Gewinnwachstum vor Steuern deutlich darüber. Konkrete Umsatz- und Gewinnzahlen veröffentlichen die Schweizer grundsätzlich nur zum Halbjahr und zum Jahresabschluss.
SCHWELLENLÄNDER
Neuer Lebensstil
Eine der größten langfristigen Wachstumschancen liegt im Ausbau des Gesundheitswesens in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Staaten wie China, Indien, aber auch Malaysia und Indonesien haben großen Nachholbedarf und können sich eine bessere Versorgung zunehmend auch leisten. Es verfügt nicht nur die aufstrebende Mittelklasse über das nötige Kapital, um Gesundheitsdienstleistungen zu bezahlen, auch von staatlicher Seite gilt der Aufbau einer Gesundheitsindustrie als wichtiges politisches Steuerungsinstrument.
Gleichzeitig steigt aufgrund der Verbreitung des westlichen Lebensstils die Häufigkeit von Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes in diesen Ländern dramatisch an. Schätzungen besagen, dass etwa China seine Healthcare-Ausgaben von jetzt rund 5,5 Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2025 auf 7,5 Prozent steigern wird. Davon profitieren oft lokale Anbieter: Generikahersteller, Medizintechnikfirmen, Krankenhausbetreiber.
Kalbe Farma aus Indonesien etwa ist eines der größten börsennotierten pharmazeutischen Unternehmen in Südostasien. 2016 konnte die Firma ihren Gewinn um 14 Prozent auf 166 Millionen Euro steigern. Die Bruttogewinnspanne betrug 49 Prozent.
Einzeltitel sind im Schwellenländer-Segment für Privatinvestoren nur sehr eingeschränkt zu empfehlen. Seit über zehn Jahren hat sich allerdings der Fonds Lacuna BB Adamant Asia Pacific Health auf Gesundheitsmärkte in Asien spezialisiert. Das Produkt ist eine spannende Depotergänzung, die kaum Überschneidungen mit anderen Investments haben dürfte.
Von Julia Groß / Euro am Sonntag
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